"Ich 
                    wollte eine CD machen, die auch den Müttern, Großmüttern 
                    und kleinen Schwestern von Jazzfans gefällt", sagt 
                    Josh Roseman zu seinem im Jahr 2000 erschienenen Debüt-Album 
                    CHERRY. 
                  Der 
                    Posaunist und Komponist, geboren 1969 in Boston als Sohn einer 
                    Jamaikanerin und eines amerikanischen Juden, hatte Klassiker 
                    der Pop-Geschichte gecovert, von Bacharach über die Beatles 
                    und Nirvana bis Led Zeppelin. Das Ergebnis wurde als Melting-Pot-Meisterwerk 
                    gefeiert. Roseman hatte Jazz und Reggae, Funk und Rock so 
                    miteinander in Verbindung gebracht, dass die Musik schwerelos 
                    groovte, wie die einhellig begeisterte Kritik hervorhob. 
                  "Roseman 
                    hat eine Vision für den Jazz im 21. Jahrhundert", 
                    schrieb Hans-Dieter Grünefeld in Music Manual zu seinem 
                    zweiten eigenen Album TREATS FOR THE NIGHTWALKER (2003). Roseman 
                    hat seit Mitte der 80-er Jahre in diversen Bands gespielt: 
                    immer Jazz, Soul und Reggae. 
                  Als 
                    er 1990 von Boston nach New York zog, gehörte er wenig 
                    später zu den Mitbegründern eines Kollektivs von 
                    Musikern, Rappern und Djs, die als GIANT STEP wöchentliche 
                    Sessions veranstalteten. Daraus ging die 10-köpfige Band 
                    GROOVE COLLECTIVE hervor. 
                  Später 
                    folgten unabhängige Projekte u.a. mit seinem Lehrer Lester 
                    Bowie und mit Peter Apfelbaum. Der Tenorsaxophonist und Organist 
                    ist auch bei den NEW CONSTELLATIONS dabei, mit denen Roseman 
                    sein neues Album LIVE IN VIENNA aufgelegt hat. 
                  Der 
                    Live-Mitschnitt aus dem Wiener Jazz-Mekka "Birdland" 
                    des kürzlich verstorbenen Joe Zawinul vom Juni 2005 enthält 
                    neben Neu-Arrangements jamaikanischer Reggae-Klassiker auch 
                    eine Dub-Version des Beatles-Songs I SHOULD HAVE KNOWN BETTER 
                    sowie fünf Original-Kompositionen von Roseman. 
                  Aus 
                    THOROUGHFARE, einer Nummer des Ska-Meisters und Posaunisten 
                    Don Drummond, machen die 8 Musiker dieser New Constellations 
                    eine wilde Mischung aus heftigst treibenden, schnellen Reggae-Rhythmen, 
                    klug eingefügten weit ausgreifenden Improvisationen, 
                    in denen der Organist die Posaune ablöst, ohne das Drummer 
                    Justin Brown je im Tempo nachlässt. 
                  Das 
                    Ganze wird mit elektronischen Geräuschpartikeln unterfüttert, 
                    die die Gelenkstellen des Stücks geschmeidig verbinden. 
                    Diese Musik geht gleichermassen in Füße, Herz und 
                    Kopf. Beatles-Fans werden sich freuen, wie gewitzt Roseman 
                    mit den Motiven des frühen Songs I SHOULD HAVE KNOWN 
                    BETTER umgeht. Da spielt die gestopfte Trompete die schwer 
                    zu entziffernde Melodie, aber dann blitzt da jener unvergessliche 
                    Riff auf, das Grundmuster dieses kleinen, einfachen LENNON-MCCARTNEY-Songs, 
                    das hier vom Keyboard vorgetragen, ständig wiederholt 
                    und schließlich tonal verfremdet wird. 
                  So 
                    fremd gemacht und in wiederum verfremdete Reggae-Kleider gesteckt, 
                    behält der Song erstaunlicherweise jene Frische und Lebendigkeit, 
                    die ihm die Beatles in ihrer vollkommen anderen, ihrer erfrischend 
                    naiven Ur- Fassung für immer mitgegeben haben. "Ich 
                    sehe mich als Übersetzer, Integrator", sagt Josh 
                    Roseman, "ich zeige gerne auf, dass die Trennlinien in 
                    der Musik künstlich gezogen wurden." 
                  Seine 
                    Suche nach Wegen, die Genres, die musikalischen Ausdrucksformen 
                    verschiedener Communities zu mischen, ist ebenso mutig wie 
                    aufregend, ebenso unterhaltsam wie klug, ebenso sehr Mainstream 
                    wie Avantgarde, vor allem aber ist sie aufregend gut gelungen. 
                    
                  
                    
                  "Josh 
                    Roseman: New Constallations Live in Vienna"
                    ist ein Beitrag von Hans Happel für CD-KRITIK.DE
                    © Hans Happel, September 2007