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The Rebirth of Uncool

 

Seltsam. Obwohl Schweden immer mehr in den Focus der Musikwelt gerät, sind viele Musiker noch Bands noch immer erstaunlich wenig von internationalen Trends beeinflusst. Vor einiger Zeit begeisterten beispielsweise The Concretes mit witzig-ironischen Popsongs, die sie mit Polka- und Walzerklängen unterlegten, scheppernden Beats und unverschämt süßlichem Gesang, fast ein Manifest für alles, was in der Klingelton-Industrie als uncool gilt.

Freunde des "New Acoustic Movement" wurden schon vor einigen Jahren auf eine zweite schwedische Band aus Skövde aufmerksam: Sambassadeur.

In der idyllischen Landschaft zwischen Väner- und Vätternsee entstanden Popsongs und lockere Balladen praktisch außerhalb von Zeit und Raum, und mit "Migration" führt das Quartett sein Konzept unbeeindruckt fort: stimmungsvolle Indiepop-Songs, von Anna Persson mit unangestrengter Stimme mit der Larmoyanz französischer Chanson-Actricen intoniert, akustisch instrumentiert und mit einem Rhythmus unterlegt, der zeitweise so betulich daherkommt, dass er fast ironisch klingt.

Das gilt auch für das Titelstück in der Albummitte, für das die Band dann doch noch die Drummachine anwirft. So ungefähr klangen auch die Frühversuche des Plastikpop Ende der 70er Jahre, denen diese Soundkarikatur offenbar gewidmet ist.

Ob Sambassadeur das alles ernst meinen oder es einfach nur als großen Spaß empfinden, muss hier nicht entschieden werden. Die Unbekümmertheit, mit der sie sich im Fundus von Pop und Polka bedienen, spricht jedenfalls für die zweite Annahme. Das Ergebnis ist entwaffnend, und die Retro-Zitate verstärken den Charme dieser Veröffentlichung nur noch.

Gerade weil die Musik so handgemacht, spontan und natürlich - also uncool - klingt, ist "Migration" ein gelungener Einstieg in das aktuelle Musikjahr, wenn man sich nur ein Stück weit abseits des Mainstreams bewegen mag. "Change the view and turn the page" heißt das im Sambassadeur-Jargon ("That town"). Anders herum: Wenn schon neue Musikstile nicht in Sicht sind, dann sollte man die alten wenigstens ordentlich herausputzen und das beste daraus machen. Mal sehen, was das Jahr noch so alles mit sich bringt!

 

© Michael Frost, 02.01.2008

 


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