Es
ist erst wenige Monate her, da konnte man Ida Sand (damals noch Ida
Sandlund) an der Seite von Nils Langren in dem Mitschnitt seines Weihnachtskonzerts
"Christmas with my friends" erleben. "Nu tändas
tusen juleljus" ("Jetzt werden tausend Weihnachtskerzen entzündet")
hieß das traditionelle Weihnachtslied, das die Schwedin interpretierte,
und dem Glanz der besungenen Lichter entsprach auch ihre glockenhelle
Stimme.
So
wunderte es wenig, als wenig später ihr erstes Soloalbum angekündigt
wurde. Dass Ida Sand sich allerdings als Soulsängerin profilieren
würde, war eine Überraschung, doch genau das ist "Meet
me around midnight": ein hervorragendes Album an der Nahtstelle
zwischen Soul, Pop, Blues, Jazz und Gospel.
Ida
Sandlund hatte dem deutschen Jazz-Label ACT ein Demoband geschickt.
Plattenchef Siegfried Loch stellte daraufhin den Kontakt zu Nils Landgren
her, der sie zunächst in seinen weihnachtlichen Freundeskreis
aufnahm, um schließlich ihre komplette CD zu produzieren.
Nach
Ida Sand gefragt, kann der Meister der schwedischen Jazz-Szene sich
kaum bremsen. "The album you hold in your hand", schrieb
er überschwänglich ins Booklet, "ist not only a CD.
It is like an oyster with a precious stone in it, waiting to be opened
and cherished".
Für
ihr Debüt wählte Ida Sand ein überraschend breites
Repertoire. "Mr. Pianoman" eröffnet die CD, gefolgt
von Nancy Sinatras Klassiker "Bang Bang". "One for
my baby" ist ein weiterer Standard, hier orientiert sich Ida
Sand jedoch nicht an Frank Sinatras Original, sondern an Etta James,
deren Version sie als "viel erdiger" empfand.
So
sind auch ihre Songs erdig und direkt, mit klarer Focussierung auf
die Wirkung ihrer Stimme, die überraschend selten an den hellen
Klang des Weihnachtskonzerts erinnert. Sie offenbart hingegen eine
Tiefe, die den Blues nicht nur als Attitüde versteht, sondern
als "the woman's best friend" ("Mr. Pianoman").
Aus dieser Perspektive heraus gelingt es ihr, den alten Standards
einen eigenen Ausdruck zu verleihen, eine Brücke selbst zu den
Klassikern der Popkultur zu schlagen (Annie Lennox und Dave Stewart
dürften sich über Ida Sands Version von "Here comes
the rain again" geehrt fühlen) und zudem noch zwei eigene
Songs einzufügen ("Brutal truth", "Home").
Angesichts
der vorzüglichen Interpretation einer großen Stimme gerät
die fabulöse Begleitband fast in den Hintergrund. Doch Ida Sand
und Produzent Nils Landgren wollten es so. Und so wurde die erste
Liga der europäischen Jazz-Instrumentalisten in die zweite Reihe
verbannt: Ulf Wakenius (g), Lars Danielsson (b), Rasmus Kihlberg (dr),
Jan Lundgren (p) und Henrik Janson (g) - sowie Posaunist Nils Landgren
selbst, der sich immerhin einmal, bei dem Bill Withers-Cover "Use
me" als Duettpartner beteiligt.
Selbstverständlich
bleibt für die Instrumentalisten immer noch genügend Spielraum,
dem Album dennoch ihren Stempel aufzudrücken. So vervollkommnen
sie den bestechenden Eindruck, den "Meet me around midnight"
hinterlässt, und wenn die Band dann doch einmal von der Leine
gelassen wird, so wie in "Higher ground", dann kennt die
Spielfreude kein Halten mehr.
Nach
diesem Album kann man Ida Sand eigentlich alles, überall und
zu jeder Zeit zutrauen. Oder, wie Nils Landgren es formuliert: "With
the gospel in her soul, pure gold in her voice and soul in her body
an yet, she is from Sweden of all places".
©
Michael Frost, 31.03.2007