Es
waren Norweger, die bei dem "New Acoustic Movement" den
Ton angaben: die Kings of Convenience. In ihrem Erfolge erlebten wir
Bands wie "The White Birch", "Ai Phoenix" und
andere, die mit melancholischen Melodien und introvertiertem Gesang
kleine, verträumte Inseln aus Klängen schufen. Als 2003
mit "Schtimm" eine weitere Band am Polarkreis auftauchte,
wurde ihr Debütalbum entsprechend eingeordnet, nicht ohne Hinweis
auf den skurrilen Humor des Quartetts, die für ihre Platte ein
Alter Ego erschufen, dem sie ihre Kompositionen in die Schuhe schoben:
"Schtimm plays Mrakoslav Vragosh".
"Time,
space and other stories" ist nun bereits das dritte Album dieser
ehemals schüchtern und verhuscht wirkenden Kombo, das im Juli
2006 erschien. Ihrer akustischen Orientierung haben sie darauf beileibe
nicht abgeschworen. Sie wurde eher verstärkt: Bläser und
Geiger geben dem Sound Fülle, manchmal fast klassischen Tiefgang,
und sie variieren die luzide Gesangsstimme von Schtimm-Sängerin
Bjørg und Erling, ihrem männlichen Gegenpart.
Erling
ist es auch, der immer wieder die Nähe zur Rockmusik unterstreicht.
In "Grey void" geben Computer und E-Gitarre den Ton an,
doch der Song bleibt als einzelnes Mosaik die Ausnahme - wie auch
alle weiteren Titel - jeder für sich. Man mag die einzelnen Stücke
mit ihren unterschiedlichen Facetten betrachten: die Atmosphäre
ergibt sich erst durch das Gesamtwerk aus leisen und lauten Songs,
schnellen und langsamen Rhythmen, weiblicher und männlicher Gesangsstimme,
Minimalismus und Orchester, Tagtraum und Nachtleben.
"Are
we still wandering around in our Alkojazz / Dunkelpop / North-Norwegian
landscape", fragen Schtimm sich selbst mit ironischem Seitenhieb
auf ihre Rezensenten, "or have we started to move into new
territories?" Die Antwort, vermerken sie Achsel zuckend,
liege "irgendwo zwischen einem geflüsterten 'vielleicht'
und einem leise gehauchten 'Wir wissen es nicht'".
Jedenfalls
ist es ihnen mit "Time, space and other stories" gelungen,
ihren Sound weiter auszufeilen, ohne dabei den Sinn für schräge
Ideen, Melancholie, Gänsehaut-Phantasien und Draufgängertum
(und die Mischung aus allem) zu verlieren. So entwächst das Quartett
mit jedem Album seinen Ursprüngen, gewinnt dabei an Wiedererkennungswert
und Reife. Kurz gesagt: Es macht Spaß, diesen gut gelaunten
Norwegern beim Wachsen zuzuhören.
©
Michael Frost, 16. August 2006