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Die glorreichen 16


Seine Karriere ist lang, und sein Stil einzigartig: Brian Setzer begann bereits in den 80er Jahren, und gemeinsam mit seinem Orchester brachte er "fulminanten Big Band-Swing zurück in den Rock'n'Roll, ohne dabei Anspruch auf Virtuosität und Komplexität eines Jazzmusikers zu erheben" (Poplexikon).

Bereits zum Beginn seiner Karriere, als er gemeinsam Jim Phantom und Lee Rocker die Stray Cats formierte, schwamm Brian Setzer gegen den Strom. Die Musikwelt schwelgte noch im Punk-Fieber, als er mit dem Big Band-Sound der 50er Jahre den Rock'n'Roll aufmischte und zu einem der wichtigsten Idole der "Teds", einer Gegenströmung zu den Punks in der Jugendkultur der späten 70er/frühen 80er Jahre, wurde. Auch 1992, als Setzer sich nach mehrfachen Neuorientierungen an die Gründung seines 16-köpfigen Orchesters machte, geriet die Suche nach einer Plattenfirma zur Tortur: "Sei realistisch", habe man ihm gesangt, "im Moment ist Grunge angesagt - wer will schon eine Band mit 13 Bläsern hören?"

Diese und andere Anekdoten können jetzt im Booklet zur "Ultimate Collection" des Brian Setzer Orchestra nachgelesen werden, und vieles von dem, was Setzer als Linernotes selbst formulierte, klingt nach Genugtuung.

Genugtuung, sich durchgesetzt zu haben, in der Verteidigung seiner musikalischen Vision konsequent geblieben zu sein, dabei möglichst keine Kompromisse eingegangen zu sein - und dies zurecht. Drei Grammys sind der Lohn für die hartnäckige Arbeit - und sein ganzer Stolz. "Ich war sehr gerührt. Ich war so außer mir, dass ich loslief und meine Mutter von einer Telefonzelle im Shrine Auditorium (dem Ort der Grammy-Verleihungen) anrief", schreibt er.

Das wirklich Erstaunliche dürfte sein, dass es ihm tatsächlich gelang, auf der Grundlage des Swing der 40er und des Rock'n'Roll der 50er Jahre aktuelle Musik zu machen - für die sich auch die Jugend der 90er noch begeistern kann.

Allerdings ist es reichlich schwer, sich der überwältigenden Energie seines Sounds zu entziehen. Mit der E-Gitarre gibt er die Melodie vor, der Kontrabass verleiht dem Sound seine verspielte Virtuosität, die erdigen Drums geben den Takt an, und die Bläser geben dem Sound die nötige Wucht, um auch den letzten Zuhörer aus den Sitzen zu reißen.

Tatsächlich zielt die Musik der 16 Glorreichen (+ zwei Backgroundsängerinnen) direkt in die Beine, fordert und verlangt vom Publikum maximalen Tanz-Einsatz. Deshalb ist es nur zwangsläufig, dass die "Ultimate Collection" des Orchesters, die immerhin einundreißig Tracks auf zwei CDs umfasst, live auf Konzerten mitgeschnitten wurden: teils in Montreal, teils in Tokio. Rock'n'Roll, so die Botschaft der Aufnahmeorte, ist eben doch ein interkulturelles Ereignis, das keineswegs nur im westlichen Kulturraum zu Hause ist. Aber wer sich beispielsweise an Jim Jarmushs Film "Mystery Train" erinnert, in dem ein japanisches Pärchen den weiten Weg nach Graceland auf sich nimmt, der weiß, wie geschätzt der Rock'n'Roll gerade in Japan ist.

Diese Collection ausgerechnet in Tokio aufzunehmen, ist somit auch Verneigung und Hommage eines besonders begeisterungsfähigen Publikums.

© Michael Frost, 05.07.2004

vorschau BRIAN SETZER ORCHESTRA LIVE

 


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