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Tiefgang unter
ruhiger Oberfläche


In den 80er Jahren mochte man sie für ihre überzeugende Verbindung von politischem Statement und Popmusik, doch für viele machte Latin Quarter einfach nur gute Tanzmusik. Beide Fangruppen machten die Band um Leadsänger Steve Skaith berühmt und erfolgreich. Ihre Hits wie "Radio Africa" gehören zum Soundtrack der 80er Jahre - auffällige Songs, die sich in Rhythmus und Stimmung vom Mainstream der damaligen Zeit unterschieden, weil sie weder dem düsteren Synthiepop noch dem belanglosen Charts-Einerlei zugerechnet werden konnten.

Steve Skaith kehrt nun nach längerer Pause mit neuer Band und neuem Album zurück. "Mexile" heißt die CD, die sich stilistisch doch recht deutlich vom Latin Quarter-Sound unterscheidet. "Mexile" ist ein Wortspiel aus "Exil" und "Mexiko". In Mexiko nämlich lebt Steve Skaith inzwischen. Dort hat er sich mit unterschiedlichen Musikern zusammengetan und sowohl neue Songs als auch einige ältere Latin Quarter-Titel neu eingespielt.

"Mexile" ist zwar deutlich von mexikanischen Rhythmen beeinflusst, wie man sie - verbunden mit angloamerikanischem Pop - sonst von Calexico oder Los Lobos kennt, doch bei Steve Skaith behält zeitloses Songwriting die Oberhand. Ruhige, überwiegend von Gitarren getragene Balladentöne durchziehen das Album. "Wunderschöne, elegante Popmusik im Stil klassischer Songwriter", heißt es treffend im Pressetext.

Steve Skaith selbst sagt, die Songs seien einfacher und nicht so ausgefeilt wie die Latin Quarter-Produktionen. Auch damit hat er Recht. "Mexile" gleitet sanft dahin, manchmal allerdings so sanft, dass die Titel die Ohren nur streifen. Ein wenig mehr Mut zum Experiment hätte dem einen oder anderen Song durchaus gut getan, zumal auch Skaiths weiche Stimme nur wenig Reibungsflächen bietet - doch den stimmigen Gesamteindruck von "Mexile" trübt das alles nicht, zumal es in den Texten einiges mehr zu entdecken gibt, als die eingängigen Melodien zunächst vermuten ließen.

Hierin wird schließlich doch eine deutliche Parallele zu Latin Quarter erkennbar. Man kann "Mexile" wegen der Melodiösität der Songs mögen, man kann aber auch in die Tiefe gehen und dabei Geschichten entdecken. Beispielsweise in "Señorita No"; der Titel verarbeitet ein Stück mexikanisches Selbstverständnis. "Armes Mexiko", heißt es in einem von Skaith verarbeiteten Sprichwort: "Armes Mexiko: So weit entfernt von Gott und so nah an Amerika."

© Michael Frost, 19. Mai 2003

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