Liebt
sie den Kitsch? Sie nennt ihr Album "Feenstaub" und das
klingt, als wolle sie mit ihrer Musik in allerseichteste Kitsch-Zonen
eintauchen, aber Solveig Slettahjell sorgt dafür, dass der Feenstaub
nicht ins Auge geht und die Sicht vernebelt, sondern sich langsam
und leise ins Ohr schleicht, um im Kopf etwas Eigenartiges zu hinterlassen:
Eine kühle Benommenheit.
"Pixiedust"
heißt das zweite Album des Slow Motion Quintett, in dem die
34-jährige norwegische Sängerin den Ton angibt. Auf dem
gefeierten Debüt "Silver" waren es vor allem Jazz-Standards,
denen die schon im Namen auf Langsamkeit eingeschworenen Musiker neues
Leben einhauchten.
Diesmal
sind es größtenteils originäre Lieder - zwei Eigenkompositionen
der Sängerin und sechs Songs des Schlagzeugers Peder Kjellsby
-, die nicht vom überraschend neuen Blick auf alte Größe
leben, sondern ihre Qualität erst mal behaupten müssen.
Das
ist mehr als wagemutig, aber es gelingt: Nicht nur deshalb, weil Solveig
Slettahjell dem Album mit drei Coverversionen eine Art Gerüst
untergezogen hat, darunter das anrührende "Have a little
faith in me" des amerikanischen Songschreibers John Hiatt und
"When you wish upon a star", der Song aus dem Disney-Film
"Peter Pan", dessen Elfen-"Glöckchen" Namenspatin
des Albums ist.
Die
eigenen und die übernommenen Lieder mit ihren einfachen, eingängigen,
zum Teil folkloristisch inspirierten Melodien, mit Blues- und Swing-Anspielungen
oder mit leisem Wiegenlied-Charakter werden mehrfach gebrochen und
verfremdet: Sei es, dass der Pianist Morten Qvenild mit eleganten
- in freier Rhythmik gespielten - Improvisationen die gebundenen Formen
mitten im melodischen Fluss auflöst, sei es, dass die Lieder
nicht zu Ende gebracht, sondern abrupt abgebrochen werden, sei es,
dass ein leiser Klangteppich aus elektronisch verzerrten Geräuschen
ihnen etwas buchstäblich Hintergründiges mitgibt, einen
befremdenden Schatten, der die schönen Melodien vor Süffigkeit
und Schmelz schützt.
Die
Transparenz der Arrangements, zu denen ebenso der Trompeter Sjur Miljeteig,
Bassist Mats Eilertsen und Drummer Per Oddvar Johansen beitragen,
löst jede falsche Sentimentalität auf. Der Feenstaub dieser
11 Lieder setzt sich zusammen aus dem verhalten kühlen Spiel
der Sidemen und aus Solveig Slettahjells weicher und abgerundet warmer
Stimme, die bis in die Höhen des abschließenden Disneysongs
leicht und geschmeidig bleibt, eine Stimme, die Herz und Seele niemals
aus sich herauspressen muss, sondern ihre innigste Emotionalität
einfach fließen lässt in das kühle Bett, das die Musiker
ihr bereiten. In dieser gut ausbalancierten Mischung entsteht jener
Pixiedust, mit dem das Slow Motion Quintett auch auf seinem zweiten
Album zaubert.
"Solveig
Slettahjell & Slow Motion Quintett : Pixiedust"
ist ein Beitrag von Hans Happel
© Hans Happel, März 2006