Immer
wenn traditionelle Rockmusik gerade wieder einmal totgesagt wurde, kommt
garantiert eine Band daher, die das Gegenteil beweist. Sophia ist so
eine Band. Genauer gesagt: eine One-Man-Band. Robin Proper-Sheppard,
in London beheimateter US-Amerikaner aus San Diego, veröffentlicht
unter seinem "Band"-Namen inzwischen das dritte Album.
"People
are like seasons" ist ein überraschendes, ungewöhnliches
Album mit einer Fülle verschiedenartiger Sounds zwischen Songwriterpop
à la Coldplay oder Travis und aktuellem, vorwärts drängendem
Post-Rock.
Seine
besondere Spannung bezieht das Album aus der Wechselwirkung der Instrumente:
Geigen, Gitarre und Klavier stehen im Vordergrund, scheinen sich gegenseitig
anzutreiben und breiten sich im Verlauf der einzelnen Songs zu grandiosen
Klanglandschaften aus - krachende E-Gitarren eingeschlossen. Mit seiner
charismatischen Stimme bleibt Proper-Sheppard überwiegend im
Hintergrund, lässt statt dessen die Musik sprechen, doch wenn
er sich in seine Kompositionen einmischt, entfacht er ein wahres Feuerwerk
emotionaler Aufwallungen.
Seine
musikalische Biografie weist Proper-Sheppard als "leicht gothic
angehauchten (...), in einem Umfeld von Grunge" (Pressetext)
groß gewordenen Musiker aus, also eher jemanden von der dunklen
Seite des Mondes, und deren verwandte Neigung zu existenziellen Fragen,
Melancholie und manchmal auch Verzweiflung teilt er auch heute noch,
aber nicht ausschließlich.
Die
abrupten Rhythmus- und Tempiwechsel zwischen den Songs spiegeln diese
Gefühlswelten authentisch wider. "People are like seasons"
ist insofern programmatisch und als Überschrift für das
Album zutreffend, als es alle Jahreszeiten gefühlsmäßiger
Stimmungen und Schwankungen enthält und vermittelt.
Wie die Blätter auf dem Albumcover verändern die Lieder
ihre Farbe mit dem Lauf der Jahreszeiten. Selbst sommerliche Leichtigkeit
wird spürbar ("Holidays are nice"), jedoch nur, um
anschließend durch das bedeutungsschwangere Klavier-Intro zu
"I left you" kontrastiert zu werden, einem Stück, so
elegisch, so traurig-schön, wie es selbst von Nick Cave nicht
besser hätte geschrieben werden können: ein Meisterwerk,
länger als sieben Minuten. Kein Zweifel: Das Musikjahr 2004 erlebt
seinen ersten Höhepunkt.
©
Michael Frost, 10. Januar 2004