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Ein Haus mit
vielen Zimmern


Hört man junge Künstlerinnen wie Regina Spektor, dann erkennt man das ganze Ausmaß der Pionierarbeit, die von Frauen wie Billie Holiday, Janis Joplin, Björk, Tori Amos und vor allem von Kate Bush geleistet wurde.

Es ist weniger das beeindruckende Selbstbewusstsein der zierlichen Songwriterin Regina Spektor aus New York, das fasziniert - sondern vielmehr die Selbstverständlichkeit, mit der sie Ideen in die Tat umsetzt - Frauen sind in der Rockmusik weiter gekommen, als man gemeinhin vermuten würde, und oft genug finden sie einen jeweils ganz ur-eigenen Zugang zur Musik.

Regina Spektor begeisterte 2003 mit ihrem Label-Debüt "Soviet Kitsch", einer fast hastig aufgenommenen Platte (die Aufnahmen dauerten nur zehn Tage). Zuvor hatte sie ihre selbst gebrannten CDs am Rande ihrer Auftritte in den New Yorker Keller-Clubs verkauft. Sie war ein Geheimtipp, dessen Name sich rasend schnell verbreitete.

Doch mit "Soviet Kitsch" war der Geist aus der Flasche, und bis heute will er nicht wieder zurück. Inzwischen findet Regina Spektor sogar die Geduld für längere Auseinandersetzungen mit ihren Liedern. Zwei Monate verbrachte sie im Studio, bis "Begin to hope" fertig war. "So zu arbeiten war immer mein Traum. Wir haben mit Kabeln und Sounds heruamgespielt, haben wohl das Labor ein paar Mal in Brand gesetzt, aber dann haben wir gelacht und von vorn angefangen."

So ist vieles auf "Begin to hope" ein Experiment - und doch kein experimentelles Album. Denn zunächst besticht die Musik durch ihre Eingängigkeit. Umstandslos lässt man sich von ihr gefangen nehmen: Regina Spektor ist eine charmante Sängerin, die ihre Stimme in einer Bandbreite zwischen Natalie Merchant, Emiliana Torrini, Tori Amos und Billie Holiday zu variieren versteht, offenbar, ohne sich bei diesem Spagat sonderlich anstrengen zu müssen. Selbst die Instrumente spielt sie überwiegend selbst.

Erst beim mehrfachen Hören offenbart sich die ganze Vielschichtigkeit der Arrangements. Mal als klassisch strenge Klavierballade ("Après moi"), mal in theatralischer Pose ("Après moi"), ob mit witzig-verspielten Beats ("Hotel song") oder rockender Gitarre ("Better"): Regina Spektors Album ist ein Haus mit vielen Zimmern, jeweils individuell ausgestattet und möbliert.

Regina Spektor steht noch immer am Beginn ihrer Karriere. Und es erscheint vorstellbar, dass man sie irgendwann, vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft, in einem Atemzug mit den großen Frauen der Rockmusik nennen wird. Auf ihre Pionierarbeit werden sich dann andere beziehen. Doch bis dahin wird es hoffentlich noch viele Gelegenheiten geben, das Original zu entdecken.

REGINA SPEKTOR LIVE:
15.08. Berlin, Magnet
16.08. Hamburg, Stage Club

© Michael Frost, 14.08.2006

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Tori Amos, Kate Bush, Laurie Anderson, Alanis Morissette

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