Wenn
Sting eine neue CD veröffentlicht, ist das immer ein Ereignis. Wenige
Musiker haben über einen so langen Zeitraum Kritiker und Publikum
zu kontinuierlicher Begeisterung getrieben. Stings Karriere kennt
genau genommen nur Höhen - keine Flops, nirgends Verrisse.
Vielleicht
hat das mit der Souveränität zu tun, mit der er seine
Musik angeht. Wie schon die Vorgänger ist auch BRAND NEW DAY ein
durchdachtes Album. Jede Melodie, jedes Arrangement klingt wie von
langer Hand geplant und entsprechend perfekt, geradezu unangreifbar.
Auf
BRAND NEW DAY macht Sting, was er immer gemacht hat, seit der Auflösung
von POLICE 1984: er rüttelt an den Grenzen von Pop, Soul, Jazz,
Klassik und Country, arbeitet mit den jeweils exponiertesten Vertretern
dieser Richtungen, von Branford Marsalis und Manu Katche über Stevie
Wonder bis zu Cheb Mami - und es müsste schon mit dem Teufel zugehen,
wenn das Ergebnis einmal nicht perfekt werden würde.
Auf
seinem Beutezug durch die Weltmusik ist er dabei vorsichtiger als
andere wie z.B. Peter Gabriel. Wenn Sting sein Repertoire erweitert,
etwa um algerischen Rai wie in "DESERT ROSE", das er mit Cheb Mami
singt, dann übernimmt er lediglich Elemente daraus, begibt sich
aber nie völlig in das fremde Metier. Folglich ist es eher Cheb
Mami, der in "DESERT ROSE" Pop singt als dass umgekehrt Sting plötzlich
Rai machen würde.
Weil
er grundsätzlich so vorgeht, hat Sting seinen Fans nie zuviel zugemutet
und sie deshalb auch nicht vergrault. Trotzdem ist er immer innovativ
genug geblieben, um auch von Musikkritikern gelobt zu werden. So
gesehen, liegt der Schlüssel seines Erfolgs in seiner Vorsicht.
Man
mag diese Vorsicht als Hang zur Mainstream-Langeweile kritisieren.
Und selbstredend ist Sting nicht die Speerspitze der musikalischen
Avantgarde des begonnenen Jahrtausends.
Er
ist einfach jemand, der seit zwanzig Jahren perfekte Platten veröffentlicht.
Und weil die Menschen das wissen und seine Beständigkeit und fast
garantierte Qualität angesichts einer immer schnelllebigeren
Medienbranche schätzen, wird jede neue Sting-CD ein Ereignis. Verdientermaßen.
MF
/ 23. September 2000