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Lebenskuriositäten-
Kabinett

von Hans Happel


Ihre Musik ist wie ein frischer Wind, obgleich sie ihre Wurzeln in den 60-er und 70-er Jahren hat. Die Gruppe heißt STOPPOK nach ihrem Gründer Stefan Stoppok, es gibt sie schon seit einigen Jahren, und kürzlich ist ihre neue CD erschienen "BLA-BLA NONSTOP".

Stefan Stoppok und seine drei Mitstreiter machen kräftigen, sehr direkten Rock, den sie mit Soul-, Bluegrass, Country und Folk-Elementen würzen. Außerdem lieben sie schlichte Gassenhauer-Melodien, so unschlagbar einfach wie Kinderlieder, alles das, was vor Urzeiten in Ruhrpott- oder Berliner Hinterhöfen gesungen und gepfiffen worden sein könnte.

Stefan Stoppok erzählt vom Verlassen und Verlassen werden, er singt warme, ohrwürmige Liebeslieder, und die einfachen Botschaften ("wenn die Menschen Flügel hätten/ flögen sie aus ihren Städten fort") werden immer wieder aufgebrochen, indem die schlichten Sentenzen mit holprig tollpatschigen Reimeleien durchsetzt werden: "Alle Menschen haben Schwächen/ dafür blechen/ sie ein Leben lang".

"Warum habe ich bloß im Lotto gewonnen?" fragt Stoppok in "LOTTO GEWONN´N", und dann zählt er auf, was seine "Alte" neudings alles von ihm verlangt, sie möchte beispielsweise in die Oper gehen, er möchte zum Kegeln gehen. Das ganze zum Mitsingen geeignet und mit einem ähnlich rauhen Charme vorgetragen wie einige der frühen Ton Steine Scherben-Songs (etwa der Rauch-Haus-Song).

STOPPOK macht keine Blödel-Texte, das Gewitzel ist voller Fallen und Stacheln, und trotzdem ist ihre Musik von einer ungeheuer freundlichen Fröhlichkeit, die Seltenheitswert hat. Der Sänger schnoddert und nuschelt vor sich hin, dass selten alles zu verstehen ist - schade, ein Booklet mit den Texten fehlt -, und seine jungenhafte Reibeisenstimme verschwimmt fast unter den anderen Instrumenten: Er selber an Gitarre, Banjo, Mandoline, Waldzither, Concertina, desweiteren Mario Schulz (Gitarren), Reggie Worthy (Bass), Thorsten "Walt" Bender (Schlagzeug, Percussion).

Die vier machen einen Sound wie aus einem Guss, geradezu aufregend schön, wenn ihre Musik den Tonfall der irischen Folkband Planxty zitiert, vor allem aber durchgehend echt, ehrlich, ungekünstelt. Sie menscheln keineswegs weniger romantisch als Grönemeyer, und ihr Song "Flügel" hat alle Qualitäten, um ganz groß rauszukommen, aber es ist dieses hintergründig Schräge, was ihnen alle Mainstream-Wege verbaut, denn wer will schon hören, was sie in "Scheisse am Schuh" verkünden, dass heute natürlich alles käuflich ist, sobald es Flecken hat, nicht nur die Schuhe, auch die Moral und die Menschen.

Dagegen setzt STOPPOK ein herzerwärmend zärtliches Liebeslied (ANNABELL), das in einfachsten Worten - fast unbeholfen schüchtern - die Sehnsucht nach Nähe neu buchstabiert: "Du willst doch nicht gehen, mitten in der Nacht/ Leg dich hin, sonst hätt ich dich schon längst nach Haus gebracht/...und wenn du nicht willst/ ich wird dich nicht berühren."

BLA-BLA NONSTOP, der Titelssong, ist das einzige Instrumental der CD - mit einem schnellen Gitarren-Riff im klassischen 60-er Jahre-Stil, mit Banjo und Country-Anklängen, als wäre die Zeit stehen geblieben: aber was STOPPOK bietet, ist nichts Museales, im Gegenteil: Diese Musiker ziehen aus den alten Wurzeln einen erfrischenden Saft, der im allerbesten Sinn gute Laune macht, ohne sich aus der Gegenwart, aus dem aktuellen "Lebenskuriositätenkabinett" auszublenden. Unbedingt empfehlenswert!

"Stoppok: Bla-Bla Nonstop"
ist ein Beitrag von Hans Happel für CD-KRITIK.DE
© Hans Happel, 15. Oktober 2003

 

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