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Magical Mystery
von Hans Happel

 

In diese Musik wird man geradezu hineingesogen. Die norwegische Sängerin Susanna Wallumroed und Morton Qvenild an den Keyboards sind extrem gefährlich: Sie betören auf der Stelle. Da ist nicht nur die helle, klare Stimme, die eine geheimnisvolle Wehmut ausstrahlt, da sind die weit geschwungenen Bögen einer Melodienwelt, die direkt aus Norwegens Wäldern zu kommen scheint. „Susanna and the Magical Orchestra“ heißt das inzwischen dritte Album dieses Duos, dessen ohrwürmige Songs sofort ins Blut gehen. Sie erinnern an die hymnischen Gesänge der isländischen Band Sigur Rós und sind in einen Sound gekleidet, der starke, dunkle Beats mit feinsten elektronischen Elementen verbindet. So entsteht ein geschmeidiger, ein „Magical Mistery“-Klang, der keineswegs schläfrig-füllig ist.

Mortin Qvinhild bremst den musikalischen Fluss mit künstlichen Untiefen. Mit kleinen, überraschenden Klangeffekten, die aus dem Geläufigen herausfallen: elektronische Verfremdungen, die jedoch nicht vom Zentrum dieses Albums ablenken: von der atemberaubenden Stimme und dem kühlen Glanz der Melodien, die fast alle aus der Feder der beiden Musiker stammen. Programmatisch stellen sie mitten zwischen die eigenen Songs Ron Harpers Liebeslied „Another Day“. Ein herzergreifender Schönklang, der dennoch nicht in Kitsch umschlägt.

Das ist die Kunst dieser beiden Musiker: Sie verstehen es die heiße Lava der unendlich schönen Melodien so abzukühlen, dass sie beim Hören schmerzen, ja, überwältigen können, aber nicht im süßlichen Schmelz verkleben und vergehen. Susanna Wallroed und Morton Qvinhild sind Kinder der Minimalisten - etwa aus der Schule von Arvo Pärt oder Philipp Glass: Sie halten ihre elegischen Song-Strukturen jederzeit so spröde und durchsichtig, dass sie nicht in verklärendes Pathos rutschen.

Darin bleibt sich das rührige norwegische Avantgarde-Label rune grammofon treu, das sonst eher mit extrem lauten, dem klassischen Rock-Potenzial abgelauschten, experimentellen Klangmustern von sich reden macht, um hier – in 10 himmlischen Songs – die Gletscher zum Schmelzen zu bringen.


© Hans Happel, 06. September 2009

 


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