"tuesday
wonderland" heißt das neue Album der drei Wunderkinder
aus der schwedischen Jazz-Szene, denen es musikalisch und kommerziell
gelungen ist, alle Grenzen zwischen Jazz und Pop zu sprengen: Das
Esbjörn Svensson Trio, kurz: e.s.t., vor 13 Jahren gegründet,
füllt inzwischen mühelos und weltweit große Konzertsäle.
Ihre
letzte CD "Viaticum" tauchte in Top 50 der deutschen und
französischen Albumcharts auf und wurde mit dem German Jazz Award
in Gold und Platin ausgezeichnet. Esbjörn Svensson (Piano), der
seit Kindertagen mit Magnus Öström (Drums) zusammen musiziert,
und der Kontrabassist Dan Berglund sind bekennende Grenzgänger,
die mit ihrem Stilmix aus feinstem Jazz, heftigem Rock und eleganten
Pop-Melodien populär geworden sind.
Sie
sind im Mainstream angekommen, ohne jedoch ihre musikalischen Qualitäten
einzubüßen. In "tuesday wonderland" scheinen
sie einen ganz gewöhnlichen Wochentag mit ihren vitalen Klängen
verzaubern zu wollen. Anders gesagt und in Anlehnung an eine der elf
Nummern des Albums ("goldwrap"): sie wickeln den Alltag
in Goldpapier, das Goldpapier ist die Farbigkeit ihres Spiels, der
Wechsel zwischen leise Piano-Partien und schweren Rock-Rhythmen, die
im Auftakt-Stück ("Präludium") nach ältestem
Black-Sabbath-Dampfhammer-Rock klingen.
Unvermittelt
wechseln die Stimmungen zwischen zart und hart, zwischen akustischem
und elektronischen Spiel, zwischen folkloristisch geprägtem Schönklang
und fetzigen Funk-Passagen. Dabei verbreiten sie durchgehend - im
besten Sinn - good vibrations. Das ist vielleicht ihre größte
Kunst: Sie arbeiten -gleichrangig alle drei - mit sehr einfachen Elementen,
darunter sind ebenso schlichte wie prägnante Riffs, vom Piano
häufig kantig angeschlagen, darüber erscheinen eingängige
simple melodies, die allmählich in einen dichten Klangteppich
gewickelt werden, der minutenlang anschwillt.
Magnus
Öström am Schlagzeug kann im Hintergrund leise pinseln,
treibt aber meistens wild drängelnd die Musik voran. Das alles
klingt niemals angestrengt, künstlich gebastelt oder intellektuell
zusammen gesetzt. Im Gegenteil: Die drei Jungs musizieren mit jederzeit
hörbarer Lust am Spiel, ihr Wechsel von fast schmerzhaft inniger
Intimität zu wüstem Rock, vom piano piano zum Fortissimo,
bebt vor Vitalität, ihr neues Album wirkt wie ein bruchloses
Ganzes, was sie selber sehr verspielt mit der Rahmung - "fading
maid preludium" anfangs und "fading maid postludium"
zum Ausklang - betonen.
Gewiss,
diese Musik ist leicht zu hören, sie schleicht sich ins Ohr,
darin ist sie guter, klassischer Rockmusik ganz ähnlich, aber
sie hat nichts mit plätscherndem easy listening zu tun. Das Esbjörn
Svensson Trio verschenkt keine Ansprüche, im Gegenteil, es sucht
in den Alltagsklängen - quasi im gewöhnlichen Dienstag -
nach den Spuren eines Wunderlands. Das mag viel zu groß gesprochen
sein, aber die Klanglandschaften, die e.s.t. uns öffnet, sind
von anregender Farbigkeit und äußerster Frische.
ESBJÖRN SVENSSON TRIO LIVE:
22.
11, Hamburg (Laeisz-Halle)
23. 11. Innsbruck (Treibhaus)
24. 11. Zürich (Tonhalle)
25. 11. Genf (Batiment des Forces Motrices)
©
Hans Happel, 18. November 2006