Man könnte es für einen unverhohlenen Aufruf zum Vandalismus halten, wenn Tools and Tomatoes ihren neuen Longplayer mit „Paint Up Your World“ betiteln. Dieser Schein trügt nur teilweise: Das Cover der CD zeigt eine mit Farbklecksen verschönerte Häuserfassade, und im Vordergrund prangt ein nur schlampig als Mondrakete getarnter Phallus.
Pictures are telling more than words could say. So ist auch das hinter dieser Bildsprache stehende Statement mehr als deutlich: “Seht mal her, Leute! – Wir haben ein sehr hartes Brett. Und das holen wir jetzt heraus, um den Alltag kräftig aufzumöbeln.“
Nun gut, denke ich, da bin ich ja wirklich mal gespannt – und lege die Scheibe in den CD-Player. Und tatsächlich: schon das erste Riff möbelt gewaltig.
Die Platte klingt in etwa so, als würde man ein altes Pearl Jam Album auf 45 rpm abspielen und dabei deren weinerlichen Lebensschmerz durch energiegeladene Zuversicht ersetzen. Denn in allererster Linie macht die Musik von Tools and Tomatoes Spaß.
Das solide Zusammenspiel von Schlagzeug und Bass geizt nicht mit tiefen Frequenzen und trägt auf diese Weise den durchweg sehr melodiösen Gesang nach vorne. Die Gitarre gibt sich bei all dem mal kross gebraten („Don’t Dig Deeper“) und mal gehalten verfrickelt („Heaven Was Calling“).
Unter dem Strich kommt dabei eine Musik heraus, die getanzt werden will. Viele der Kehrverse besitzen Ohrwurm-Potenzial. Ich bekomme gute Laune, wenn ich dieses Album höre. Dabei wissen Tools and Tomatoes selbst, dass im Leben nicht immer alles easy-peasy ist.
Gerade auch meine Lieblings-Stücke „Loser“, die Cover-Version „Sister Golden Hair“ und „Alice“ sprechen Themen an, die nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens zu verorten sind. Aber angesichts solcher Probleme verkriechen sich die vier Schwaben von den Tools eben nicht in der Depression, sondern indem sie ihre nachdenklichen Texte mit größtenteils sehr positiven Gitarrenriffs paaren, gehen sie kraftvoll vorwärts.
Ein aufgemöbeltes Lebensgefühl fängt im Kopf an. Und dort bringen es die Tools and Tomatoes sinnvollerweise durch die Ohren hinein. In diesem Sinne ist „Paint Up Your World“ Vandalismus für die Lauscher. Ich jedenfalls gehe jetzt in den Baumarkt und decke mich mit dem erforderlichen Zubehör ein.
"Tools and Tomatoes: Paint up your world"
ist ein Gastbeitrag von Nils Neumann.
© Nils Neumann, August 2009