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Über Grenzen
und Generationen


Jämtland ist eine Provinz in Nordschweden an der Grenze zu Norwegen. Es liegt am 63. Breitengrad Nord. Auf einen Quadratkilometer kommen lediglich 3,5 Einwohner, doch mehr als die Hälfte der 118.000 Jämtländer lebt allein in den größten Städten Östersund und Strömsund. Jämtlands Touristeninformation spricht nicht bloß von der Wintersaison, sondern vom Winterhalbjahr: Jämtland ist ein Paradies, aber ein einsames und überwiegend kaltes.

In früheren Zeiten blieb den Jämtländern während der langen kalten Winterabende genügend Muße für melancholische Lieder, aber auch für Tänze von überbordender Fröhlichkeit, mit denen der kurze Sommer umso heftiger gefeiert wurde. "Das ist das Schöne und gleichzeit Typische an der alten Musik, die wir spielen", erläutert Janne Strömstedt, Harmoniumspieler des berühmten Folk-Trios Triakel, "wenn sie düster ist, dann ist sie richtig düster, und wenn sie fröhlich ist, dann ist sie richtig fröhlich".

Triakel gehört zu Schwedens erfolgreichsten Folkloregruppen mit internationalem Renomee. Neben Strömstedt gehören Sängerin Emma Härdelin und Fiddler Kjell-Erik Erikson zur Besetzung, die sich seit knapp zehn Jahren um die (Wieder)entdeckung alter schwedischer Tänze und Weisen verdient macht. Wie der Österreicher Hubert von Goisern mit seinem Projekt "Trad", so entstauben auch Triakel behutsam und voller Respekt vor den Originalen, aber auch mit einer klaren Vorstellung von der Bedeutung der Lieder für die Gegenwart, längst Vergessenes und geben den Schweden, aber auch anderen, die Perlen der Volkskultur zurück.

Die Lektüre der ausführlichen Linernotes zu ihrer dritten CD "Sånger från 63°N" macht deutlich, dass die meisten der sechzehn Lieder zwar aus Jämtland stammen oder dort über Generationen und Jahrhunderte gesungen wurden, aber in der Regel auch in anderen Regionen Nord- und Mitteleuropas vorkamen; so etwa der zweite Titel "N'lars och n'mas", den sie aus verschiedenen Versionen, wie sie nicht nur in unterschiedlichen Regionen Schwedens, sondern auch Norwegens und Dänemarks gesungen worden waren. "Manchmal muss man richtig puzzeln, um eine vortragbare Version zu kreieren", schreibt das Trio, doch die Detailarbeit ist eine lohnende. Im Ergebnis führt sie nicht nur zur Bewahrung, sondern auch zur Belebung und Erneuerung von Traditionen, Volksweisen und -weisheiten. Wie schreibt das Trio richtigerweise selbst: "So entsteht ein ganz spezielles Gefühl, das mühelos Generationen und Landesgrenzen überwindet."

© Michael Frost, 31.05.2004


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