Vieles, 
          was die internationale Szene aus Finnland erfährt, klingt seltsam, 
          verschroben, eigenartig. Die Filme von Aris Kaurismäki, Hardrockbands, 
          finnischer Tango (!), natürlich die Leningrad Cowboys, - sie alle 
          sind in Ausdruck und Aussage meist kompromisslos, gewöhnungsbedürftig 
          - eine Herausforderung.  
          Ganz 
            anders, nämlich ungewöhnlich harmonisch, einschmeichelnd 
            und melodiös klingt dagegen der Folkpop von Värttinä, 
            einer neunköpfigen Gruppe um die drei stimmgewaltigen Sängerinnen 
            Susan Aho, Mari Kaasinen und Johanna Virtanen. Gemeinsam mit ihren 
            Begleitern, die zum Besten zählen, was die finnische Folkszene 
            hervorgebracht hat, liefern die Frauen, seit Jahren Alben von berückender 
            und ursprünglicher Atmosphäre, in der sich längst nicht 
            nur die kulturellen Ursprünge Finnlands und Kareliens niederschlagen, 
            sondern auch allerlei Rhythmen und Instrumente aus dem übrigen 
            Europa - und weit darüber hinaus.
          Einige 
            der Musiker sind wahre Multiinstrumentalisten und bereichern den Sound 
            um Fadogitarren, Saz, Dobro oder Bouzouki. Doch auch auf "Iki" 
            ("Der ewige Atem"), dem jetzt veröffentlichten zehnten 
            Värttinä-Album seit der Gründung der Band vor immerhin 
            schon zwanzig Jahren, steht der Gesang im Vordergrund. Die wärmenden, 
            vielschichtigen und epischen Stimmen der Sängerinnen, die ihren 
            Ursprung in der finno-ugurischer Gesangstradition haben, hätten 
            keine Mühe, auch ohne den detailreichen instrumentalen Hintergrund 
            zu bestehen. 
          In 
            den Liedern auf "Iko", die überwiegend vom Band-Gitarristen 
            Antto Varilo komponiert wurden, teils zu traditionell überlieferten 
            Texten, erzählen Värttinä Geschichten über die 
            Landschaft, den Wind, Liebe, Leidenschaft und Tod - alles sehr ursprüngliche 
            Elemente der Natur und des Lebens, die Värttinä mal folkloristisch, 
            mal pop-betont, aber immer mit streng akustischer Begleitung in ihren 
            komplexen Klangbildern zusammenfassen. 
          Doch 
            trotz aller Harmonie bewahren Värttinä sich ein Quantum 
            geheimnisvoller Aura, das vielleicht den entscheidenden Teil ihrer 
            Faszination ausmacht. Es ist etwas in dieser Musik, das sich nicht 
            Worte fassen lässt. Vielleicht ist es das "finnische" 
            Element ihrer Musik ? Um es erfassen zu können, muss man tief 
            in ihre Musik eintauchen. 
          © 
            Michael Frost, 15.03.2003
          