Als 
            Scat-Vokalistin entwickelt sie die Leichtigkeit von Ella Fitzgerald, 
            französisch singt sie mit natürlichem Charme und Jazz-Appeal 
            zugleich, und wenn sie zu einer afrikanisch inspirierten Hymne ansetzt, 
            wird daraus eine Hommage an Miriam Makeba. 
          Zwischen 
            Mama Afrika und Lady of Swing, zwischen Chansonette und Singer-Songwriterin, 
            zwischen heiter und dunkel bewegt sich Cecile Verny auf ihrem Album 
            "The Bitter and the Sweet". 
          Die 
            afrikanische Französin - an der Elfenbeinküste aufgewachsen, 
            in Frankreich groß geworden, mit Wohnsitz im Schwarzwald - hatte 
            im letzten Jahr mit ihren drei Sidemen im Cecile Verny Quartett ein 
            vielbeachtetes "European Songbook" vorgelegt, in dem sie 
            - von Kurt Weill über Michel Legrand bis Joe Zawinul - Evergreens 
            aus europäischen Federn versammelte. 
          Jetzt 
            verzichtet sie auf jeden künstlich gesuchten roten Faden, bei 
            dem die kaum sinnvolle Abgrenzung gegen das American Songbook allzusehr 
            durchschimmert. Stattdessen beschränkt sie sich fast ausschließlich 
            auf Songs, die sie gemeinsam mit mit ihren langjährigen Partnern 
            Andreas Erchinger (Klavier), mit Torsten Krill (Drums, Percussion) 
            und Bernd Heitzler (Bass) geschrieben hat. 
          Die 
            ohrwürmigen Songs und die eingängigen Arrangements werden 
            von einer Stimme zusammen gehalten, die bei aller Vielfalt einen eigenen 
            Ton entwickelt: Cecile Verny verbindet Wärme mit hochkultivierter 
            Phrasierungskunst, Intensität mit jenem lockeren Parlando, das 
            an Ella erinnert, der sie einen der heitersten Songs des Albums widmet: 
            I WILL GIVE MY LOVE AN APPLE. Eine derart feine Hommage an die im 
            Juni 1996 verstorbene große alte Dame des Jazz ist wohl lange 
            nicht mehr gegeben worden. 
          Für 
            die diskreten Grooves - percussiv und basslinienförmig - sorgen 
            die drei Männer. THE BITTER AND THE SWEET, der Auftakt- und Titelsong, 
            ist Programm. Bittersüß sind die Songs dieses Ensembles, 
            dessen jahrelanges Zusammenspiel ein bis ins Detail stimmiges musikalisches 
            Klangbild garantiert. 
          Bittersüß 
            heißt keineswegs süßlich, dafür sorgen nicht 
            nur die vier Vertonungen von Texten des englischen Frühromantikers 
            William Blake, die mit einem leisen Wiegenlied enden (SLEEP SLEEP 
            BEAUTY BRIGHT...), sondern auch Cecile Vernys Klagelied MOTHERLAND, 
            in dem sie mit aller Stimmkraft die Erinnerung ans "Vaterland" 
            beschwört: "Father´s land your world is falling down: 
            not a cry, not a song could describe (how) it hurts to see wars and 
            pain. Respect has vanished away". 
          Um 
            diesen Respekt geht es in all ihren Liedern. Nicht der erotische Kick 
            des jungen Mädchens spricht aus ihr, hier singt eine reife, erwachsene 
            Frau mit Herz und Seele, geradeaus, direkt, ehrlich. THE BITTER AND 
            THE SWEET ist ein hörenswertes Album, einfach und komplex zugleich. 
             
          © 
            Hans Happel, 13.06.2006