vorschau  LISA WAHLANDT
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Überzeugender
Lieder-Zyklus

 

Bis man festgestellt hat, ob die irritierende Liederauswahl, bei der Schuberts "Gute Nacht" auf Depeche Modes "Enjoy the silence" wirklich funktioniert, hat man bereits das durch Chet Baker unsterblich gewordene "My funny Valentine", "As tears go by" (Rolling Stones) und "Here there and anywhere" (Beatles) gehört. Zuvor hatte Lisa Wahlandt ihr Album mit "Kiss" (Prince) eröffnet - alles Lieder, auf die sie "einfach Lust hatte", wie sie sagt.

Doch das allein war es wohl nicht. Denn auf wundersame Weise wachsen die so unterschiedlichen Songs zusammen. Sowieso durch ihre höchst individuelle Interpretation, die das Original in eine sparsam ausgestattete Jazz-Atmosphäre bettet. Auffälligster Begleiter ist Walter Lang am Klavier, während Bass (Sven Faller) und Schlagzeug (Gerwin Eisenhauer) sich auf angenehme Weise immer wieder fast unhörbar machen - ganz so, als hätten sie Angst, die intime Stimmung durch allzu lautes Auftreten zu zerstören.

Lisa Wahlandt selbst führt mit heller, leicht melancholisch gefärbter Stimme durch das Album, bisweilen erinnert ihr bedächtiger Gesang an die französische Songwriterin Keren Ann. Wie ihr gelingt auch Lisa Wahlandt das Kunststück, auf sehr unprätentiöse und authentische Art gefühlvoll und warmherzig zu klingen, nie jedoch rührselig oder aufgesetzt pathetisch.

Und weil sich dieser souveräne, sehr bewusste Zugang durch die ursprünglich so gegenläufigen Kompositionen zieht, wird plötzlich ein roter Faden erkennbar, den Lisa Wahlandt durch den Untertitel des Albums zunächst nur andeutet: "A love story in 9 songs". Jedes Lied steht dabei für ein bestimmtes Stadium der Liebe, angefangen beim Sex ("Kiss") und der Leidenschaft ("Light my fire"), dem Wachsen der Liebe ("Here and there and everywhere") bis zur ersten Krise ("As tears go by"), dem schleichenden Auseinanderleben und der schließlichlichen Trennung ("Gute Nacht") - und dem anschließenden Neubeginn, wenn man aus dem Verlust vielleicht sogar gestärkt hervorgeht: "I will survive", Gloria Gaynors Disco-Evergreen steht hier am Ende, kann aber ebenso Anfang einer neuen Liebe sein. Die Repeat-Taste führt den Bogen nahtlos zurück zu "Kiss" - und die Leidenschaft beginnt von vorn.

Schon die Idee für diesen Zyklus ist höchst sympathisch und gelungen, umso erfreulicher ist die überzeugende Umsetzung, mit der Lisa Wahlandt, die in den letzten Jahren u.a. mit Bossanova-Aufnahmen und einem Marlene-Dietrich-Programm auf sich aufmerksam machte, ihren Ruf als besonders vielseitige Jazz-Interpretin festigen dürfte.

© Michael Frost, 24.04.2010


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