Was 
          beginnt wie eine skandinavische Metal-Band - krachende Gitarren, finsterer 
          Gesang mit abgründiger Stimme - entpuppt sich schnell als Wunder 
          der Vokalkunst. Albert Kuvezin aus der russischen Republik Tuwa, gelegen 
          an der Grenze zur Mongolei, ist wohl so etwas wie der Dschingis Khan 
          der Rockmusik. Traditionellen Kehlkopfgesang mischt er mit donnernden 
          Gitarrenläufen und hämmernden Drums: "Tuva Rock." 
          "Tuva.Rock" 
            ist auch der Name des neuen Albums von Yat-Kha, der Band um Sänger 
            und Gitarrist Albert Kuvezin. Er und seine Begleiter Evgeniy Tkachev 
            (Gesang, Schlagzeug) und Radik Tiuliush (Gesang, Pferdekopfgeige) 
            lieben die Extreme. Eben noch Progressive Rock, dann wieder die traditionelle 
            Ballade, begleitet allein von akustischer Gitarre und Geige. Die Gesangstechnik 
            macht die Stimme zu einem schneidenden Instrument, das unter die Haut 
            geht.
          "Tuwa 
            liegt auf dem gleichen Breitengrad wie England und auf dem selben 
            Längengrad wie Bangla Desh", verrät uns die Band im 
            Booklet augenzwinkernd. Die kleine Rebuplik ist ein klassisches Agrarland, 
            dessen Struktur in den vergangenen Jahren zusammengebrochen ist. Die 
            Landflucht führt zu sozialen Konflikten und Arbeitslosigkeit 
            in den Städten. 
          Auch 
            davon erzählen Yat-Kha in ihren Liedern - und natürlich 
            von der berauschenden Schönheit der Natur, den Sehnsüchten 
            und Hoffnungen der Menschen. Sie singen ihre Texte in englischer Sprache, 
            was ihrer Musik einen zusätzlichen internationalen Anstrich gibt, 
            der im Kontrast mit dem geheimnisvollen Untertongesang und den traditionellen 
            Instrumenten besonders hervorgehoben wird. 
          So 
            ist Yat-Kha (der Bandname, der ungefähr mit "Armer Kleiner" 
            übersetzt werden kann - als ironische Antwort der Bevölkerung 
            Tuwas auf die ewigen 'Großen Brüder' China, Russland/UdSSR 
            und die Mongolei) ein faszinierendes Experiment gelungen. Die Vereinigung 
            von westlichem Rock und den alten Traditionen Zentralasiens, wie sie 
            von Yat-Kha vorgesetellt wird, überzeugt nicht nur in kultureller 
            Hinsicht, sondern eröffnet für beide Linien auch neue musikalische 
            Perspektiven. Globalisierung, wie sie sein sollte. 
          © 
            Michael Frost, 06.06.2003