Welche 
            Farbe hat der Wind? Warum heult der Wolf den Mond an? Warum hat mancher 
            Vogel keine Lust zu singen, und kann man die Tochter wachsen hören? 
            
            Zulyas Texte sind voller metaphorischer Fragen, die Bilder heraufbeschwören, 
            Geschichten erzählen, Menschen zueinander bringen und Freude 
            verbreiten.
          Das 
            neue Album der gebürtigen Tatarin - seit einem Jahrzehnt lebt 
            und arbeitet Zulya Kamalova in Australien - ist randvoll mit derart 
            magischer Poesie, die sie im Wechsel auf Russisch, Englisch und Tatarisch 
            singt. Die meisten Texte schrieb sie selbst (die Kompositionen stammen 
            zum Teil von ihrem Lebenspartner und Band-Bassisiten Andrew Tanner), 
            doch gelegentlich greift sie auf das traditionelle Liedgut ihrer zentralasiatischen 
            Heimat zurück. 
          Wie 
            auch in der Musik. Ihre Rhythmen haben einen spürbaren geografischen 
            Ursprung, doch eine "Weltmusikerin" im konservativen Sinne 
            will Zulya sicherlich nicht sein. Und so gehen die Melodien und Arrangements, 
            die sie gemeinsam mit ihrer Band "Children of the Underground" 
            entwickelt, deutlich weiter. 
          Vor 
            allem Anthony Schulz, ihr kongenialer und ständig präsenter 
            Begleiter am Akkordeon, erweitert die Möglichkeiten des Instruments, 
            das für die russische Volksmusik so typisch ist, bis hinein in 
            die Gefilde, in denen sonst nur das Bandoneon des tango nuevo zuhause 
            ist. Traurige Geigen formieren sich zu einem eleganten Kammerorchester, 
            das ein gefühlvolles Wiegenlied begleitet: "Schlaf, mein 
            Kind, die Uhr zeigt Mitternacht, schließ deine kleinen Augen 
            ..."
          Die 
            Vielseitigkeit Zulyas und ihrer "Children of the Underground" 
            macht das Album "3 Nights" zu einem faszinierenden Erlebnis. 
            Gefühlvoll und lyrisch begibt sich die Sängerin auf eine 
            klangvolle Reise durch ihren eigenen Kosmos, in dem für viele 
            Kulturen Platz ist: tatarische Weisen, Balkan Brass, Polka, Pop, Chanson, 
            Jazz und Tango - eine Essenz des Schönen und Wahren. Man hängt 
            dieser Musik verzaubert nach, auch wenn sie schon verklungen ist, 
            und sinniert Gedanken verloren über ihre Erzählungen, die 
            man dank der englischen Textübersetzungen übrigens auch 
            dann nachvollziehen kann, wenn man des Russischen und Tatarischen 
            nicht mächtig ist. So reicht "3 Nights" für weit 
            mehr als nur drei Nächte. 
          Übrigens: 
            Der Wind, singt Zulya, ist weiß. 
            
          © 
            Michael Frost, 24. Juni 2007