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Techno für Ökos


Sie lassen sich auf gar nichts festlegen - noch nicht einmal auf ihren Namen: Weder sind sie "17" noch "Hippies" im klassischen Sinne. Das 1995 als Trio gegründete Berliner Kult-Orchester besteht mal aus 15, mal aus 30 Mitgliedern.

Vom Akkordeon über Drehleier, Dudelsack und Nasenpfeife (!?) bis zur Ukulele gibt es bei ihnen kein Instrument, das es nicht gäbe, und ihr Repertoire beschreiben sie so: "polnische Walzer, bulgarische Oros, schweizer Polkas, schottische Sumpftiraden, nordamerikanische Ragtimes, texanische Twosteps und italienische Filmmusik" - und zwar jeweils auf Volldampf.

Die explosive Mischung schlägt ein: Nicht nur in Deutschland hat sich herumgesprochen, das es stets was zu feiern gibt, wenn die Hippies ein Konzert geben, auch in Italien und Frankreich steht die bunte Truppe hoch im Kurs und firmiert in beiden Ländern mit einer eigenen Platte schlicht als "Berlin Style".

1997 erreichten die "Hippies" sogar einen Weltrekord, und zwar für die meistgespielten Auftritte innerhalb von 24 Stunden. Die Wahl zur "auffälligsten Band" Berlins war dann wohl nur noch eine Formsache...

Jüngst wurde auch der deutsch-französische Fernsehsender ARTE auf die Hippies aufmerksam und widmete ihnen ein 60-minütiges Porträt, das auch die expermintelle Seite der bunten Truppe herausstellte: "Sexy Ambient Hippies", ein in loser Folge immer wieder aufgegriffenes Projekt, bei dem die Hippies gemeinsam mit Musikern aus der House-, Ambient- und Elektronik-Szene auftreten.

Zwei CDs haben die Hippies bislang im Eigenvertrieb herausgebracht: "Rock'n'Roll 13" und "Wer ist das ?". Beide Alben faszinieren durch ihre unbändige Spielfreude, den temperamentvollen Wechsel zwischen transsylvanischen Volksliedern und jiddischen Hochzeitstänzen, absurden Ringelnatz-Gedichten und tollkühner Tarantella.

Man wird schwindelig - und süchtig von dieser Musik, die im Sitzen unerträglich ist, man sollte sie live hören und erleben, oder wenigstens mittanzend; wie eine Art "Öko"- oder "Unplugged-Techno" lassen die schnellen Ryhthmen das Blut pulsieren, alte Melodien erwachen wie Phönix aus der Asche, Funken sprühend und voller Energie.

Jetzt ist Album Nummer Drei fertig: "Halbe Treppe", Musik zum gleichnamigen Film von Andreas Dresen ("Nachtgestalten", "Die Polizistin"), der im Februar 2002 mit dem "Silbernen Bären" der Berliner Filmfestspiele ausgezeichnet wurde. Die "Hippies" zeigen auf "Halbe Treppe" einen Querschnitt ihres Könnens zwischen traditionellem Liedmaterial, von ihnen neu arrangiert, Improvisationen und eigenen Kompositionen.

Um die Zukunft der Hippies jedenfalls muss man sich keine Sorgen machen. Ihre Lieder gibt es für Kinder zum Nachspielen in eigens hergestellten und liebevoll dekorierten Notenbüchern - der Hippie-Virus möge sich also ausbreiten !

Michael Frost / 1. Dezember 2001
Update: 17. Februar 2002

 

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