Jahrelang 
              komponierte und spielte der ausgebildete Jurist Paolo Conte aus 
              Asti (Jahrgang 1937) im norditalienischen Piemont mehr oder weniger 
              nur "nebenbei", aber schon früh erfolgreich. 
            Während 
              er einerseits als exzellenter Jazz-Musiker bekannt wurde, hatte 
              er schon in den 60er Jahren Lieder komponiert, die nicht nur in 
              Italien zu Evergreens wurden, so z.B. "Azzuro", mit dem 
              Adriano Celentano berühmt wurde. 
            Erst 
              1974 veröffentlichte Conte sein Debut-Album. Inzwischen singt 
              er sein "Azzuro" lieber selbst und schreibt auch alle 
              anderen Lieder für seine eigenen Platten - und die sind zahlreich 
              ! "Un gelato al limon" ("Ein Zitroneneis") genießt 
              seit dem Erscheinen 1979 Kultstatus. 
            Seine 
              im Jazz liegenden Wurzeln sind in Contes Stücken unüberhörbar. 
              Man hört aber nicht nur Swing, Boogie, New Orleans und Dixieland; 
              italienische canzoni, Blues, Chanson, selbst Tango und ruhige 
              Latin-Rhythmen kommen hinzu.
            Contes 
              Konzerte sind legendär, die Auswahl seiner Begleitmusiker erstklassig 
              und an musikalischer Perfektion kaum zu überbieten. Wenn er 
              sich an den Flügel setzt, knistert es vor Spannung. Wenn er 
              mit tiefer Stimme einen seiner mit dem italienischen Literaturpreis 
              ausgezeichneten Texte intoniert, liegt ihm das Publikum auf beiden 
              Seiten der Alpen zu Füßen. Erfreulich, dass er Mitschnitte 
              seiner Auftritte immer wieder auf CD veröffentlichte. Sie gehören 
              zu seinen besten Aufnahmen (Concerti, Live, Tournée, Tournée 
              2). 
            Nach 
              den überwältigenden Erfolgen Contes vor allem nach Erscheinen 
              seines Albums "Aguapolano" von 1987 und einem enormen 
              Tour-Programm, das ihn neben dem eigenen Konzert-Programm zu allen 
              bedeutenden Jazz-Festivals zwischen Montreux und Montreal führte, 
              genehmigte er sich eine künstlerische Pause, die 1990 in das 
              Album "Parolo d'amore scritte a macchina" mündete, 
              das bereits einige der Revue-Klänge vorwegnahm, die sich später 
              in "Razmataz" wiederfanden. 
            Conte 
              ist ein Phänomen. Im deutschsprachigen Raum erfreut er sich 
              nicht nur bei Italophilen großer Popularität, wenngleich 
              er auch verklärt wird und man oft versucht, ihn mit den typischen 
              Italien-Klischees zu behaften. Conte ist aber immer Conte genug 
              geblieben, um das Abrutschen in die Pizza & Pasta - Connection 
              zu vermeiden. Statt dessen ist er unbeirrt seinen Weg gegangen und 
              dabei immer interessanter geworden.
            An 
              seinen im Laufe der letzten Jahrzehnte erschienenen Alben ist Contes 
              musikalische Weiterentwicklung deutlich erkennbar. Es gibt keine 
              großen Brüche, aber Zugewinn und Reifeprozesse. Seine 
              Stimme ist dabei von Jahr zu Jahr tiefer geworden, man muss fast 
              Angst haben, sie könne irgendwann in Frequenzen abgleiten, 
              die für menschliches Gehör kaum noch wahrzunehmen sind.
            Am 
              ehesten ist seine Musik wohl mit einer Flasche Barolo des besten 
              Jahrgangs vergleichbar: Je älter, desto besser, die Musik ist 
              in Eichenfässern gereift und von warmer, tiefroter Farbe, erdigem 
              Bouquet und trockenem, schwerem und dennoch fruchtigem Geschmack, 
              der seine Wirkung langsam, aber dauerhaft und über den ganzen 
              Körper entfaltet.
            AG 
              / 1. Februar 2001