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Old Satchmo wäre stolz


"Sie ist eine waschechte Jazz- und Blues-Sängerin, die nahezu alles singen kann", schreibt "allaboutjazz.com" über Catherine Russell.

Catherine Russell? Erstaunlich, dass jemand mit diesen ihm zugeschriebenen Fähigkeiten nicht längst einen Namen hat, der über den Geheimtipp-Status hinausreicht. Noch unverständlicher wird es, wenn man die ersten Töne ihres aktuellen Albums "Inside this heart" gehört hat.

Sofort nämlich sind sie da, die Assoziationen an Ella Fitzgerald, an Billie Holiday oder Dinah Washington, an die goldenen Zeiten, in denen die Gerswins, Cole Porter und Louis Armstrong die Songs schrieben, die heute zum "American Songbook" gezählt werden. Aus dieser Ära scheint auch Catherine Russell zu stammen, und was ihr Geburtsjahr angeht, kommt die Annahme sogar hin (1956), doch die eigentliche Verbindung zur Musik jener Zeit dürfte ihr die eigene Familie vermittelt haben.

Ihr Vater Luis nämlich war in den 1930er Jahren in der jungen New Yorker Swing-Szene ein gefragter Musiker; der Pianist spielte mit seiner Band einige Jahre mit Louis Armstrong, dessen musikalischer Direktor er in dieser Zeit war. Im Geburtsjahr von Catherine heiratete er seine Frau Ray, die als Sängerin und Bassistin ebenfalls fest im Jazz verwurzelt ist.

Catherine ihrerseits begann ihrer musikalische Karriere als Background-Sängerin im Studio und auf Tour, unter anderem mit Jackson Browne, David Bowie und Paul Simon. Ihr eigenes Album-Debüt ist erst wenige Jahre her: 2006 veröffentlichte sie "Cat", für das sie allseits begeisterte Kritiken erntete. Für das Folgealbum "Sentimental streak" erhielt sie unter anderem auch den Preis der Deutschen Schallplattenkritik.

Nun folgt also "Inside this heart", das mit dem Swing des Titelsongs beginnt und mit einem waschechten New Orleans-Tune endet ("Struttin' with some barbeque"), das sie bei Louis Armstrong entdeckte. Alle Lieder dieses Albums haben eine lange Geschichte: "Slow as Molasses" stammt aus dem Fundus ihre Vaters, der es 1929 mit den Jungle Town Stompers aufgenommen hatte. Viele Stücke waren ursprünglich als Instrumentals ohne Gesang gedacht, so erhielten sie zum Teil erst deutlich später einen Text.

Das gilt nicht für die neueren Titel wie "November" oder "Just because you can", aber ebenso für Duke Ellingtons "Long, strong an dconsecutive", die von Catherine Russell allesamt mit funkelnder Alt-Stimme interpretiert werden, als seien sie allesamt zur selben Zeit nur für ihre Stimme geschrieben worden.

Warum ihr Album bei all dem spürbaren Respekt vor den Meistern und ihrer goldenen Ära dennoch nicht sentimental und aufgesetzt historisierend klingt, ist vielleicht das größte Geheimnis dieses Albums. Mag sein, dass der Titel hier der Schlüssel ist: "Inside this heart of mine" verrät die tiefe Verbindung von Catherine Russell zu den musikalischen Wurzeln ihrer Familie. Stolz präsentiert sie auf ihrer Website Fotos, die sie als Kleinkind mit Louis Armstrong zeigen. So jung war sie, dass sie sich an diese Begegnung sicherlich nicht erinnern dürfte, doch die Nähe ist geblieben, und ohne jeden Zweifel wäre Satchmo mehr als stolz auf das kleine Mädchen in seinen Armen: "Inside this heart of mine" trifft direkt ins Herz von Blues und Jazz.

© Michael Frost, 14.08.2010


Videolink: Catherine Russell "I'm lazy that's all" / youtube
 

 

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