Der 
          "Sergent" oder "Sargento" (wahlweise Französisch 
          oder Spanisch ausgesprochen), der in Wirklichkeit Bruno Garcia heißt 
          und seinen Mix aus afrikanischen und Latino-Rhythmen heute so selbstverständlich 
          präsentiert, als hätte er nie etwas anderes getan, kam eigentlich 
          über Umwege zur Salsa. Seit 1983 hatte er die französische 
          Punk-Szene mit leidlichem Erfolg unter seinem rätselhaften Bandnamen 
          "Ludwig von 88" aufgemischt. Garcia, der einer spanischen 
          Familie entstammt, hatte sich aber schon immer für die Latino-Rhythmen 
          interessiert. Dennoch dauerte es bis 1996, als er den rebellischen Charakter 
          des Punk erstmals mit der Leidenschaft südamerikanischer Rhythmen 
          zusammenbrachte und mit "Salsamania" seinen ersten Titel für 
          eine in Frankreich erschienene Latin-Compilation aufnahm.  
          1997 
            produzierte der "Sergent" sein Debüt-Album praktisch 
            im Alleingang. "Viva el Sergento", so der Albumtitel, beinhaltete 
            vierzehn Titel zwischen Salsa und Reggae, hauptsächlich mit spanischen 
            Texten. 
          Die 
            anschließende Tour durch Frankreich und Spanien machte jedoch 
            musikalische Begleitung notwendig. Es formierten sich "Los Locos 
            del Barrio" ("Die Verrückten des Viertels"), die 
            sich von Konzert zu Konzert mehr und besser aufeinander einstellten, 
            bis sie 1999 schließlich "Un poquito quema'o" veröffentlichen, 
            das heute als eigentliches Debüt von "Sergent Garcia" 
            als Band gilt und die Band anschließend nicht nur zu Konzerten 
            in Frankreich, Spanien und Italien, sondern auch in den USA führte.
          Der 
            Titel des zweiten Garcia-Albums "Sin fronteras" (Ohne Grenzen) 
            ist seither Programm. Sergent Garcia präsentiert im wahrsten 
            Sinne des Wortes grenzenlose Stilvielfalt zwischen Musette, Reggae, 
            Flamenco, Samba, Salsa und Merengue. Die "Locos del Barrio" 
            entfachen, unterstützt von weiteren Gastmusikern, ein wahres 
            Feuerwerk afrikanischer, kubanischer und südamerikanischer Rhythmen. 
            Ihr lebensfrohes und schrill-buntes Kaleidoskop temperamentvoller 
            Sounds bewegt sich zwischen dem Polit-Pop eines Manu Chaos und David 
            Byrnes Hommage an die Musik Brasiliens "Rei Momo". 
          Die 
            brisante Mischung wird mittlerweile als "Salsamuffin" bezeichnet, 
            was ebenso zutreffend wie auch falsch ist, denn die Stile wechseln 
            so schnell wie manchenorts das Wetter, unvorhersehbar und unberechenbar, 
            und unter seinem Kommando gerät selbst eine langsame Rumba zur 
            hypnotischen Salsa-Session. Das Ergebnis wirkt wie Dynamit. Auch "Mascaras", 
            das neue Album des rast- und ruhelosen Sergent Garcia, ist von dieser 
            explosiven Leidenschaft wie seine Vorgänger. Vielleicht unterscheidet 
            es sich noch am ehesten durch die Betonung des Reggae in dieser weiterhin 
            unübersichtlichen Vielfalt von Richtungen. 
          Eindeutig 
            ist bei Sergent Garcia allein die politische Linie. Sie zieht sich 
            wie ein roter Faden durch sämtliche Alben, und auch auf "Mascaras" 
            findet er wieder klare Worte, etwa zu den Menschenrechtsverletzungen 
            der USA in dem Gefangenenlager Guantanamo ("Guantanamo City"), 
            oder der hermetisch abgeriegelten Grenze zwischen den USA und Mexiko 
            ("Si sole fuera un pajaro").
           
            Armut, vereinsamtes Großstadtleben oder die Erinnerung an die 
            während der Zeit der südamerikanischen Militärdiktaturen 
            zahllosen auf immer verschwundenen Oppositionellen sind Themen, die 
            Sergent Garcia in seinen Songs immer wieder variiert. Als Musiker 
            und Sprachrohr wird er damit zum Vorbild der Menschen, deren Gedanken 
            er in seinen Liedern ausdrückt.
          © 
            Michael Frost, 01. Januar 2002
            Update:01.10.2006