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Ein Klang wie
auf Zehenspitzen


Neben eben wenige Musikfans verbindet mit Sophie Zelmani seit einigen Jahren eine heftige "Love affair". Spätestens mit eben diesem Album schaffte die stille Songwriterin nämlich ihren internationalen Durchbruch, doch tatsächlich ist "Love affair" bereits das fünfte Studioalbum der Schwedin, die sich selbst kurioserweise nicht für eine Musikerin hält, und: "das allerletzte, was ich bin, ist Sängerin".

Vom Gegenteil kann sich nun jeder selbst überzeugen, inklusive der Nicht-Musikerin und Nicht-Sängerin selbst: "A decade of dreams" heißt die Sammlung ihrer schönsten Lieder, die nach der Veröffentlichung in Schweden seit Januar 2006 auch international zu haben ist.

Von ihrer ersten Single "Always you" bis zu der brillianten Folk-Ballade "To know you" von der "Love affair"-CD enthält die Compilation Aufnahmen aller Karrierestation von Sophie Zelmani, die ihren Erfolg auch heute noch, zehn Jahre nach ihrem Debüt, kaum fassen kann.

Denn wäre es Anfang der 90er Jahre nach ihrem damaligen Freund gegangen, dann hätte sie ihr Demoband niemals einer Plattenfirma geschickt: ihm hatten die Aufnahmen nicht gefallen. Doch schon bald fand sie sich auf schwedischen Bühnen wieder, reiste nach Japan, wo das Publikum fast schon eine obsessive Begeisterung für europäischen Songwriterinnen pflegt. Obwohl sie niemals den Soundtrack für einen Film schreiben würde, wurden ihre Songs in Kinofilmen und Fernsehproduktionen verwendet (u.a. in "Independence Day", "Die Hochzeit meines besten Freundes", "Dawson Creek").

Dass es sich hierbei um US-Produktionen handelt, ist wohl kein Zufall, denn Sophie Zelmani bedient sich reichlich in der Folk- und Countryszene Nordamerikas, allerdings stets nur so viel, um nicht vollends als Country- oder Folksängerin bezeichnet werden zu können. So ist eine Liedermacherin im klassischen Sinne, mit einer Stimme aus Samt und Seide, die ihre Tag- und Nachtträume in leise Poesie kleidet, sie mit akustischer Gitarre einhüllt, übrige Instrumente als Hauch arrangiert; behutsame Drums, ein Backgroundchor auf Zehenspitzen, Klavier und Mundharmonika - Bewegungen und Klänge im Zeitlupentempo, ohne jeden Anflug von Aufgregung, Hektik und Alltag.

Vielleicht waren es exakt diese Qualitäten ihrer Musik, welche ihr Label überzeugten. Denn mit der Musik von Sophie Zelmani kann man getrost für eine Weile der Wirklichkeit entfliehen, so wie es selbst auch tut, wenn sie sich in die Schärenwelt vor Stockholm oder nach Gotland zurückzieht und dort ihren Gedanken nachhängt, bis sich daraus schließlich Lieder formen.

Drei der achtzehn Songs ihrer Compilation sind neue Kompositionen, andere, wie "Always you", wurden neu eingespielt. Mit diesen und weiteren Songs geht sie auch wieder auf Tour, begleitet von ihrer angestammten und äußerst leisen Band. Man könnte sie sich auch allein auf einer Bühne vorstellen, nur mit ihrer Gitarre, doch das kommt für Sophie Zelmani nicht in Frage: "Ich würde mich zu Tode fürchten", sagt sie, die bescheidene - und vielleicht aktuell beste Nicht-Musikerin und Nicht-Sängerin überhaupt.

© Michael Frost, 15. Januar 2006

 

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