"Wir würden gern mit Green Day Schnaps trinken"
FETTES BROT haben ihre neue Scheibe am Wasser gebaut und sind bei "Rock im Park" mit von der Partie
von Stephan Stöckel



Sie umgibt nicht die Aura der Selbstbeweihräucherung und Klischees sind schon gar nicht ihr Ding - das wissen wir spätestens seit ihrem Gassenhauer "Schwule Mädchen". Musik mit Seele und Anspruch, das ist es, was die "Jein!"-Sager Boris, Björn und Martin, von Geburt an "Nordisch By Nature", so wohltuend aus dem Rap-Genre hervorhebt. Die Rede ist vom "Fetten Brot" aus Hamburg, seit zwölf Jahren eine Institution im deutschsprachigen Hip-Hop. Bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest reimten sie sich mit ihrem Gute-Laune-Song "Emanuela" auf den zweiten Platz. Der wurde "am Wasser gebaut", so wie die anderen Stücke ihres gleichnamigen Albums. Auf einer ausgedehnten Tournee, die die Gruppe am 3. Mai ins Centrum nach Erfurt und zu "Rock im Park" nach Nürnberg (3. - 5. Juni) führen wird, stellt das Trio seine neuen Stücke vor. Stephan Stöckel rief bei Björn im Hamburger Studio an, um zu erfahren, was sich so alles Neues im Hause "Fettes Brot" getan hat.

Wie ist die Stimmungslage nach Eurem erfolgreichen Abschneiden beim "Bundesvision Song Contest" mit Stefan Raab, wo Ihr mit Eurem Song "Emanuela" den zweiten Platz belegt habt?

Björn Beton: Hervorragend. Über den zweiten Platz haben wir uns sehr gefreut. Die Zeichen stehen auf Sturm: Unsere Single "Emanuela" ist seit Montag draußen und liegt in den Trendcharts ganz weit vorne. Vielen Leuten scheint der Song zu gefallen. Zudem bereiten wir uns auf die Tournee vor, die im April startet.
Das Lied "Geile Zeit", mit dem die Gruppe "Juli" siegte, wurde bereits vor über einem halben Jahr veröffentlicht. Findest Du das nicht ein bisschen unfair?
Björn: Wieso unfair? Wir hätten unser Lied ebenfalls vor einem halten Jahr veröffentlichen können. Ich finde allerdings, dass es die Spannung des Wettbewerbs erhöhen würde, wenn die Gruppen und Künstler nur mit brandneuen Titeln antreten würden.

Genauso wie beim Grand Prix…

Björn: … aber dort ist der Wettkampf zwischen den einzelnen Künstlern auch größer. Zudem treten beim Grand Prix meist nur Newcomer auf. Ihnen gegenüber wäre es unfair, wenn ein Künstler mit einem großen Hit gegen sie antreten würde. Am Bundesvision Song Contest hingegen beteiligen sich Kombos und Interpreten, die über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügen. Da ist es, denke ich, nicht so schlimm, wenn die einen Teilnehmer mit bekannten, die anderen mit unbekannten Weisen daran teilnehmen.

Was hat Euch dazu motiviert, am Bundesvision Song Contest teilzunehmen: Die bunte, musikalische Mischung, der Kultfaktor von Stefan Raab, oder gar die Erkenntnis, dass ihr wohl nie am "Grand-Prix" teilnehmen werdet?

Björn: Mit letzterem hast Du sicherlich recht: Am Grand Prix werden wir wohl nie teilnehmen, das ist musikalisch nicht unser Ding. Weshalb wir bei Raabs Show aufgetreten sind? Die Veröffentlichung der Single passte zeitlich gut dazu. Von der musikalischen Auswahl waren wir sehr angetan: Es war eine ausgewogene Mischung an Gruppen und Interpreten mit interessanten Beiträgen. Einen Großteil der Bands kennen wir. Was sie machen, hat uns sehr gut gefallen. Es bereitete uns viel Spaß, in diesem Teilnehmerfeld mitzuwirken.

Fandet Ihr es nicht ein bisschen komisch gegen die volkstümlichen Musikanten von den Randfichten anzutreten?

Björn: Überhaupt nicht. Es war übrigens der ureigene Wunsch der Randfichten, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Sie wollten ihr Bundesland Sachsen würdig vertreten, was sie auch getan haben. Peinlich fand ich nur, als sie hinterher sagten, sie hätten lieber am "Winterfest der Volksmusik" teilgenommen, das zeitgleich stattfand, weil dort die Einschaltquote höher war. Anscheinend ist ihnen der Rahmen einer Veranstaltung schnurzpiepegal, es scheint ihnen nur darum zu gehen, möglichst viel Publikum zu erreichen.

 

 


Ihr habt mit den Hosen, den Ärzten und den Fantas gleichgezogen und Euer eigenes Label ins Leben gerufen. Im Unterschied zu den anderen Bands, werden Eure Produkte nicht von einem Major, sondern von einem kleinen, aber feinen Indie-Vertrieb namens "Indigo" veröffentlicht. Weshalb liebt ihr die Unabhängigkeit?

Björn: Ehrlich gesagt sind wir genauso unabhängig wie vorher. Die Gründung unseres Labels war vielmehr ein logischer Schritt, da unser bisheriger Vertrag abgelaufen war. Nach den Erfolgen der vergangenen Jahre waren wir in der Lage, unser eigenes Ding aufzuziehen. Die großen Major-Companies hätten uns nichts bieten können, was wir nicht auch selbst hätten machen können. Und so gründeten wir mit ein paar neuen und alten Freunden die "Fettes Brot Schallplatten GmbH".

Weshalb wurde das neue Album "Am Wasser gebaut", sprich was hat es mit dem Titel auf sich…?


Björn: Er bietet eine große Interpretationsfläche. Aber selbstverständlich ist er auch ein Hinweis auf unsere Herkunft. Unsere Plattenfirma wurde am Wasser, in Hamburg gebaut. Wir selbst sind gebürtige Schleswig-Holsteiner. An der Stadtgrenze zu Hamburg erblickten wir das Licht der Welt. Wie Du sicherlich weist, liegen Hamburg und Schleswig Holstein nicht unweit der See.

Das Stück "Soll das alles sein" weist eine sozialkritische Komponente auf. Wie siehst Du das Lied vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise und der Arbeitsmarktreform "Hartz IV"?

Björn: Sicherlich passt das Lied in unsere Zeit. Aber im Grunde genommen hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Alleinerziehende Mütter gab es auch schon vor der Wirtschaftskrise und Hartz IV.

Darf sich überhaupt ein Hip-Hoper mit solchen Fragen auseinandersetzen? Landläufig erwartet man von ihm eher einen Partysong - ein Zwiespalt, mit dem Ihr Euch in dem Stück "Kuba" ironisch auseinandersetzt.

Björn: Ein Hip-Hoper sollte das sogar. Leise und kritische Töne waren schon immer Bestandteil unserer Kreativität. Viele Rap-Platten würden interessanter klingen, wenn die Künstler und Gruppen mehr über sich selbst preisgeben und sich ihre Ansichten und Gefühle in den Texten widerspiegeln würden. Das kann bis in die politische Ebene gehen. Denn wir sind ja alle auch politisch denkende Menschen.

Songs, wie "Die meisten meiner Feinde" oder "Lauterbach" sind mit ihren fetten Bläsersätzen bzw. rockigen Gitarren wie geschaffen für eine Umsetzung mit Live-Band. Was kann man diesbezüglich auf Eurer Tournee erwarten, die Anfang April startet und zu "Rock im Park" nach Nürnberg (3. - 5. Juni) führen wird?

Björn: Auf unserer vorherigen Tournee wurden wir von einer kompletten Band begleitet. Diesmal wird unser alter Freund DJ Markus Pauli mit dabei sein. Außerdem werden wir von Multiinstrumentalist Arne Banane unterstützt. Er beherrscht acht verschiedene Instrumente, darunter Schlagzeug und Keyboards.

Wie ist es, wenn man zum wiederholten Male bei "Rock im Park" mitspielen darf?

Björn: Wir haben uns sehr gefreut, wieder mitspielen zu dürfen. Schließlich ist Rock im Park eines der größten Festivals Deutschlands. Wir freuen uns schon darauf, im Sommer bei schönem Wetter und angenehmen Temperaturen im Freien zu spielen.

Seid Ihr als Rapkombo bei einem Line-Up mit Marilyn Manson, Slayer und Green Day nicht fehl am Platz?

Björn: Ganz im Gegenteil: Auf Festivals mit der schrecklichsten Mischung findet man oftmals das interessanteste Publikum. Wir sind offen für alle Open Airs. Nur auf reinen Rap-Events zu spielen, ödet uns an. Wir würden gerne Schnaps mit den Jungs von "Green Day" trinken. Die sehen alle so sympathisch aus. Außerdem liegen sie mit ihren Ansichten auf einer ähnlichen Wellenlänge wie wir.

© Stephan Stöckel, Februar 2005

 

 

 




FETTES BROT LIVE 2005

12.04. - Lüneburg, Vamos
13.04. - Kiel, Halle 400
14.04. - Bremen, Aladin
15.04. - Berlin, Huxley`s
17.04. - Magdeburg, Factory
18.04. - Dortmund, Soundgarden
19.04. - Mannheim, Capitol
20.04. - Wiesbaden, Schlachthof
21.04. - CH-Zürich, Volkshaus
23.04. - Düsseldorf, Stahlwerk
24.04. - Stuttgart, Longhorn

25.04. - München, Muffathalle
26.04. - Göttingen, Stadthalle
27.04. - Osnabrück, Hyde-Park
28.04. - Dresden, Alter Schlachthof
30.04. - A-Allensteig, Avalon
01.05. - A-Graz, Orpheum
03.05. - Erfurt, Centrum
04.05. - Rostock, Mau-Club

03.-05.06. - Rock am Ring/Rock im Park

   

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