Der 
            Mechanismus ist immer der gleiche. Jede Kriegsplanung steht vor dem 
            Problem, die eigene Bevölkerung von der Notwendigkeit des Angriffs 
            überzeugen zu müssen. Das ist alles andere als einfach, 
            und nicht umsonst sagt man, das erste Opfer eines Krieges sei immer 
            die Wahrheit. 
          Weil 
            die wahren Motive in der Regel entweder zu komplex oder zu fadenscheinig 
            sind, bedienen sich die Kriegstreiber zunächst des Mittels der 
            Herabwürdigung ihres Gegners. Sie teilen die Welt in Gut und 
            Schlecht und schaffen sich damit die moralische Legitimation für 
            Krieg, Mord und Folter. US-Präsident George W. Bush ist ein Meister 
            dieser Technik: Am 29.01. 2002 prägte er in einer Rede den Begriff 
            von der "Achse des Bösen", zu welcher er namentlich 
            Iran, Irak und Nordkorea zählte - "und ihre Verbündeten". 
            
          Heute 
            weiß man, dass der Irak-Krieg mit dieser Rede begann. Die Benennung 
            des "Bösen" lieferte den Amerikanern die nötige 
            Begründung für den Angriff. Das Böse muss beseitigt 
            werden - wer könnte diesem Ansinnen ernsthaft widersprechen wollen?
          Wer 
            sich dieser plumpen Manipulation widersetzt, leistet wirkliche Friedensarbeit. 
            Geradezu subversiv erscheint es also, wenn dieser Tage eine CD veröffentlicht 
            wird, die den provokanten Titel "Lullabies from the axis of Evil" 
            - Wiegenlieder von der Achse des Bösen - trägt. Doch genau 
            die Offenlegung der schlichten Propaganda war auch das Ziel des norwegischen 
            Musikproduzenten Erik Hillestad, als er sich aufmachte, die 
            "Achse des Bösen" zu erkunden.
          Nicht 
            auf die Suche nach Bomben oder Terroristen begab er sich, sondern 
            nach Sängerinnen. Und er wurde fündig: in Syrien, in Palästina, 
            im Irak, in Afghanistan und im Iran, in Kuba und Nordkorea. Überall 
            traf er, zum Teil unter abenteuerlichen Umständen, auf Frauen, 
            die ihm bereitwillig Wiegenlieder in ihrer Sprache vorsangen. Hillestad 
            nahm die überwiegend a cappella vorgetragenen Lieder auf und 
            kehrte schließlich nach Norwegen zurück, wo er die Bänder 
            gemeinsam mit dem Arrangeur und Komponisten Knut Reiersrud 
            bearbeitete. Reiersrud unterlegte die Stimmen der Frauen mit zurückhaltenden 
            Arrangements, die den Charakter der Melodien und des Gesangs unterstreichen 
            sollten.
          Warum 
            ausgerechnet Wiegenlieder? Für Hillestad symbolisieren sie den 
            Beginn aller Kommunikation und der Beziehung zwischen Menschen: "Zwischen 
            Mutter und Kind, Vater und Kind". Sie seien Teil einer universellen 
            Kultur, und sie zeigten über alle Grenzen und Differenzen hinweg 
            starke Verbindungen. "Sowohl musikalisch als auch inhaltlich 
            gibt es ästhetische Gemeinsamkeiten", so Hillestad. 
            "Die Themen sind oft die gleichen, ebenso wie die musikalische 
            Struktur. Unterschiede in Tonart, Sprache, Metaphorik und Religion 
            können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine Verbindung 
            zwischen den Kulturen der Erde gibt."