.

 

 

 

Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

 

Von Küste zu Küste


Vorbei die Zeiten, als enthusiastische Isländer ihr Bündel schnüren mussten, um im Ausland Anschluss zu finden an die internationale Szene. So wie Björk, die vor etwa zehn Jahren nach London ging, um ihr erstes Soloalbum "Debut" zu produzieren. Heute führen die Wege manchmal in die entgegen gesetzte Richtung. Damon Albarn (Blur) etwa zeigte sich von Island über die Maßen begeistert. Gemeinsam mit Einar Örn Benediktsson (Ex-Sugarcubes) schrieb er die Filmmusik zu "101 Reykjavik" (Regie: Baltasar Kormakur), und noch immer ist er sogar Teileigner der "Kaffibarinn" im Stadtzentrum.
Andere britische Bands wie Radiohead und Coldplay lassen praktisch keine Gelegenheit aus, ihre Begeisterung für Sigur Rós zu bekunden, und nun ziehen auch die ersten Amerikaner gen Nordatlantik, dem Zauber isländischer Tonkunst auf der Spur.

Jimmy LaValle gehört zu diesen amerikanischen Pionieren in Gegenrichtung. Sein Projekt, das er nach einem Chopin-Stück "The Album Leaf" benannte, führte ihn tatsächlich nach Island, direkt in das Aufnahmestudio von Sigur Rós, und dort machte er sich auf die Suche nach der Seele des isländischen Sounds. Dabei gebe es wohl kaum Orte, die noch weniger Gemeinsamkeiten besäßen als die Westküste Islands und seine Heimat Kalifornien, erklärt LaValle auf seiner Website.

Und so unterlässt er klugerweise jeden Versuch, Gemeinsamkeiten künstlich zu erzeugen. Statt dessen ließ er sich durch die surreale Landschaft Islands treiben ("Ich fühlte mich wie auf dem Mars"). Seinen isländischen Begleitern, darunter Mitglieder des Streicher-Ensembles Amina, die zur festen Live-Band von Sigur Rós gehören, und Ex-Múm Cellistin Gyda Valtysdottir, ließ er viel Raum zur Entfaltung sphärischer Sounds. Sogar Sigur Rós-Stimme Jon Thor Birgisson ist auf einem Titel als Gastsänger zu hören ("Over the ground").
LaValle selbst, wahlweise am Piano, Synthesizern oder Rhodes, scheint seine Aufgabe eher darin gesehen zu haben, ein allzu tiefes Abgleiten in isländische Schwermut zu verhindern. Deshalb bleibt der Grundtton von "In a safe place" immer ein wenig optimistisch und hoffnungsvoll, heller und beschwingter als man es von Sigur Rós gewohnt ist, also eine Art "Light"-Variante isländischer Melancholie. Und hieran erkennt man dann schließlich vielleicht doch die unterschiedlichen Temperamente zwischen isländischer und amerikanischer Westküste.

Und dennoch ist "In a safe place" ein atmosphärisch dichtes Album voller tragender Momente, und nicht zuletzt eine unverkennbare Hommage an eine der innovativsten Musikszenen dieser Tage.

© Michael Frost, 01. September 2004

Tipps zu ähnlichen CDs und Bands:

Sigur Rós, Björk, Múm, Efterklang, Under Byen

[Archiv] [Up]