Nach
"The mirrors of my soul" (2005) ist "Seasons of violet"
das zweite Album, das der Norweger Erik Hillestad mit Rim Banna produzierte.
Die Palästinenserin hatte ihr internationales Debüt ebenfalls
mit einem Hillestad-Projekt erlebt: "Lullabies from the axis
of evil", ein hoch gelobtes Projekt mit Wiegenliedern aus Ländern,
die der Präsident der USA zur "Achse des Bösen"
rechnete. Doch auch in diesen Ländern, so Hillestads ebenso banale
wie wirkungsvolle Botschaft in Anlehnung an einen alten Sting-Song
("Russians love their children too", lieben die Menschen
ihre Kinder.
Mit
"Seasons of violet" setzt Rim Banna diesen Grundgedanken
in gewisser Hinsicht fort. Hinter dem zunächst etwas kitschig
wirkenden Albumtitel verbirgt sich nämlich höchst poetische
Liebeslyrik, überwiegend aus der Feder von Zuhaira Sabbagh, einer
Palästinenserin mit israelischem Pass. Sabbagh stand vor einigen
Jahren im Mittelpunkt des Schweizer Dokumentarfilms "Al-sabbar"
(Kaktusfeige). Der Film erzählt von ihrem Fotoprojekt, für
das sie sich auf die Suche nach Spuren der 400 palästinensischen
Dörfer begeben hatte, die nach der Staatsgründung Israels
1948 zerstört worden waren.
Auch
wenn Zuhaira Sabbagh für Rim Bannas "Seasons of violet"
melancholische Liebeslyrik schrieb, so finden sich doch auch darin
immer wieder Hinweise auf politische Metaphorik: die Taube als Friedenssymbol
taucht immer wieder auf. Nötig wäre das nicht, denn allein
die Fokussierung auf Liebeslieder kann in einer von Gewalt, Unterdrückung
und Extremismus geprägten Gesellschaft als politische Botschaft
und Ausdruck einer tiefen Sehnsucht verstanden werden, die alles andere
als unpolitisch ist.
So
erliegt Rim Banna erfreulicherweise auch nicht der Versuchung, mit
zartem Schmelz oder folkloristischen Arabesken in den romantischen
Versen zu versinken: es ist gerade die schnörkellose Klarheit
ihres Gesangs, die der Musik wirkliche Tiefe verleiht, unterstützt
durch die leichten Harmonien, die sie, abgesehen von wenigen palästinensischen
Traditionals, gemeinsam mit ihrem angestammten Co-Autoren Leonid Alexeienko
schrieb. Die Arrangements unterstützen die Klarheit von Stimme
und Melodie: Rim Bannas norwegische Band setzt ganz gezielt auf einen
Sound aus Songwriterpop, behutsamen Rock- und Jazz-Elementen.
Ein
besonderen Glanzpunkt des Albums ist sicher "A prayer",
das Rim Banna gemeinsam mit einem Hindu-Mönch singt: er in Sanskrit,
sie in Arabisch. Im Unterschied zu den gewohnten Kooperationen ist
"A prayer" eine ungewöhnliche, sehr berührende
Variante interkultureller Verständigung. Die Botschaft allerdings
ist wiederum ebenso einfach wie unmissverständlich: salam - Frieden.
©
Michael Frost, 31.10.2007