Heiden, 
          "Ungläubige", "unkultivierte" Menschen - so 
          die Übersetzung von "Heathen", Titel des neuen Albums 
          von David Bowie, das von der britischen Tageszeitung "The Guardian" 
          bereits als eines seiner besten Werke gelobt wird.  
          "Heathen" 
            wird vor allem auch deshalb begeistert aufgenommen werden, weil es 
            als "klassisches" Bowie-Album gilt: Es ist seine erste gemeinsame 
            Arbeit mit Produzent Tony Visconti seit über zwanzig Jahren. 
            Mit Visconti waren u.a. Klassiker wie "Young Americans" 
            und "Heroes" entstanden. 
          Tony 
            Visconti ist nicht der einzige prominente Gast auf "Heathen". 
            Man trifft den Produzenten und Soundtüftler Mark Plati (u.a. 
            The Cure, Sheryl Crow, auch an "Hours", Bowies letztem Album 
            war Plati beteiligt) an der Gitarre und am Bass, Lisa Germano an der 
            Geige, Pete Townshend (The Who) und und Dave Grohl (Foo Fighters, 
            Nirvana). Sie alle versprechen die perfekte Kombination von zwar eingängigen, 
            aber alles andere als einfachen Popsounds, wogenden Klangteppichen 
            und den immer noch bezwingenden Texten Bowies.
          "Heathen" 
            beginnt langsam und verhalten. "Sunday" entwickelt sich 
            aus elektronischen Samples und baut sich langsam zu einem sphärischen 
            und dennoch kraftvollen Ohrwurm auf. "Cactus" ist eine Cover-Version 
            (das Original stammt von den Pixies), das er in eine dramatisch-schwelgende 
            Ballade verwandelt, "I've been waiting for you" ist eine 
            Neil Young-Komposition. "Slow burn", die erste Single-Auskopplung 
            präsentiert den unnachahmlichen Powerpop Marke "Bowie", 
            von dem es auf "Heathen" so reichlich gibt wie schon lange 
            nicht mehr. 
          Eine 
            Schlüsselrolle spielt das Titelstück selber: "Heathen 
            (The ray)" türmt sich zu einer gewaltigen Mauer aus Klängen, 
            vor deren Hintergrund sich Bowie fragt: "Is there no reason 
            ? Have I stared too long ?" und: "And when the sun 
            slow and the rays high I can see it now I can feel it die". 
            Trotz aller Lebendigkeit und aller Freude - der Hang zum Abhang ist 
            hier noch immer spürbar, das Unterbewusste, die Suche nach dem 
            Selbst - Fragen, die Bowie mit seinen Anhängern seit Jahrzehnten 
            verbindet.
          "Look 
            for the signs", heißt es sinngemäß an einer 
            Stelle, und Zeichen gibt es in Hülle und Fülle - schon im 
            Beiheft der CD: Während das CD-Beiheft verschiedene zerschlitzte 
            Gemälde mit überwiegend religiösen Motiven zeigt, stehen 
            Einsteins Relativitätstheorie, Freuds "Traumdeutung" 
            und Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" am Ende 
            einträchtig nebeneinander im Regal: Die heilige Dreifaltigkeit 
            moderner Wissenschaft und Philosophie als Gegensatz zur Religion: 
            Heiden, Ungläubige - wie Bowie. 
          Michael 
            Frost, 8. Juni 2002
           
           David 
            Bowie - Slow Burn [Windows Media Audio]