Sie 
          sind weder Roma noch Sinti, keine Ungarn, keine Juden, keine Neapolitaner, 
          Griechen oder Sarden. Und doch vermitteln sie die Musikstile verschiedener 
          europäischer Kulturen so glaubwürdig und authentisch, dass 
          eine andere Vorstellung wenig wahrscheinlich ist.  
          Doch 
            interkulturelles Verständnis ist für Bratsch mehr als bloßes 
            Lippenbekenntnis. "Siamo tutti fratelli d'amore e di libertà" 
            - Wir sind alle Brüder der Liebe und der Freiheit, heißt 
            es an einer Stelle ihrer CD "Plein du monde", und was in 
            Worten noch ein wenig pathetisch klingt, wird durch die Musik mit 
            Leben gefüllt und dadurch alles andere als peinlich.
          Bratsch 
            haben mit ihrem universellen Verständnis zahllosen anderen Musikern 
            der Weltmusik-Szene den Weg bereitet. Einige dieser Kollegen zollen 
            ihnen auf "Plein du monde" Tribut. Mit dem Projekt feiern 
            Bratsch, die seit 1986 in unveränderter Besetzung spielen, ihren 
            25-jährigen Geburtstag. 
          Das 
            Jubiläum ist in vielerlei Hinsicht beachtlich. Schon die Kontinuität 
            ist in der schnelllebigen Musikbranche eine Ausnahme. Doch François 
            Castiello (Akkordeon), Nao Peylet (Klarinette), Pierre Jacquet (Bass), 
            Bruno Girard (Geige) und Dan Gharibian (Gitarre) sind von Beginn an 
            ihren eigenen Weg gegangen, und unbeirrt halten sie bis heute an ihrer 
            Vision fest, in der Menschen und Kulturen gleichberechtigt und frei 
            kommunizieren - und zwar miteinander, nicht nebeneinander. 
          Für 
            die Musik bedeutet dies, dass beispielsweise sowohl Khaled, der berühmteste 
            Vertreter des arabischen Raï, als auch Chansonstar Sanseverino 
            auf "Plein du monde" ein Lied auf Romanes, der Sprache der 
            Roma und Sinti, singen. Nur kurz darauf kann man den aus dem Senegal 
            stammenden Franzosen Tété in einem jiddisch-französischem 
            Duett bestaunen: "Oyfn veg". Bis dahin hat man bereits die 
            kanadisch-mexikanisch-französische Songschreiberin Lhasa mit 
            einem der schönsten Titel des Albums erleben können (ihre 
            dunkelraue Stimme harmoniert großartig mit der Mundart russischer 
            Roma, in der sie "Nié bouditié" singt), die 
            aus Israel stammende Nourith mit einem zweisprachig hebräisch-französischen 
            Titel ("S'envoler loin"), und viele weitere Musiker, die 
            Bratsch ihre Aufwartung machen - jeweils liebevoll, enthusiastisch 
            und lebensfroh begleitet von "Frankreichs ältester Boygroup" 
            (Pressetext). 
          In 
            ihrer begeisterten Hinwendung zu anderen Kulturen sind Bratsch so 
            glaubwürdig und überzeugend, dass es ihnen sogar gelingt, 
            andere dazu zu bringen, sich ihrer eigenen Wurzeln zu besinnen. So 
            weiß man zwar, dass Chanson- und Schauspiellegende Charles Aznavour 
            armenischer Herkunft ist, und doch hat der 82-jährige Grandseigneur 
            der französischen Musik noch nie ein Lied Armenisch, der Sprache 
            seiner Familie, aufgenommen. Bis jetzt, auf "Plein du monde". 
            Die besondere Bedeutung dieser Aufnahme macht "La goutte d'eau" 
            zu einem magischen Moment und verdeutlicht den außergewöhnlichen 
            Wirkung, die Bratsch in Frankreich - und darüber hinaus - während 
            der vergangenen 25 Jahre erzielen konnten. 
           
            Mit 
              "Plein du monde" kommt das einzigartige Quintett nun auch 
              wieder in den deutschsprachigen Raum. Tour-Veranstalter Berthold 
              Seliger freut sich dabei über ein besonderes Highlight beim 
              anstehenden Berlin-Konzert von Bratsch: Dort werden nämlich 
              exklusiv einige prominente Gäste mit von der Partie sein, die 
              Bratsch-Songs interpretieren werden." Zugesagt haben Khaled, 
              Nourith und Balkanbrass-Band Slonovski Bal.
              
          
          © 
            Michael Frost, 10.04.2007
          