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Bye Bye Bossanova


"Bye Bye Bossanova" - auch so hätte das neue, zweite Album von Coralie Clément heißen können. Denn von den leisen Latinryhthmen ihres charmanten Debüts "Salle des pas perdus" ist so gut wie nichts geblieben. Für das deutsche Publikum dürfte der Wandel etwas unvermittelt kommen, denn ihr voriges Album erschien hierzulande erst vor wenigen Monaten - und schon wird mit "Bye bye beauté" nachgelegt.

Doch in Frankreich kam "Salle des pas perdus" bereits 2002 heraus. Somit liegen ganze drei Jahre zwischen der jungen Coralie und ihren zarten Bossanova-Chansons und der zur Rockpoetin gereiften Mme. Clément fast drei Jahre, Zeit genug also, um am eigenen Sound zu feilen. Ehrensache, dass ihr dabei erneut ihr großer Bruder Benjamin Biolay zur Seite stand.

Doch im Unterschied zum Erstling, das er noch im Alleingang (bzw. in Kooperation mit seiner damaligen Lieblingskollegin Keren Ann) produzierte, holte Coralie Clément für "Bye bye beauté" erstmals auch andere Autoren ins Boot. Der Vielseitigkeit ihres Sounds hat dieser Schritt gut getan. Denn angesichts so illustrer Gäste wie Daniel Lorca (Nada Surf) oder Thierry Stremler wandelt ihr Album mit überraschender Souveränität auf einem schmalen Grat zwischen Chanson, Songwriterpop, Retrosound und subtilen Rockballaden. "Indécise" - Unentschlossen -, heißt der von Daniel Lorca und ihr gemeinsam geschriebene Album-Opener, und dennoch wirkt Coralie Clément in ihrem Stilmix alles andere als unentschlossen, sondern über jeden Zweifel erhaben. "Peut-etre oui, peut-etre non, ca m'est egal", wie es in dem Song heißt, beschreibt nicht etwa die Gleichgültigkeit, sondern ist als Ausdruck ihrer selbstbewussten Verweigerung gegenüber allzu großer Einengung zu verstehen.

Und so folgt auf den schmissingen Intro-Song mit Mariachi-Trompete das versponnen-verspielte "Gloria", ein unverkennbarer Biolay-Song, der langsam entwickelt wird. Doch statt der charakteristischen Aufwallung symphonischer Orchestersounds geht "Gloria" in einem Meer von Blockflötentönen unter, wie weiland unterm Weihnachtsbaum: Hausmusik der besonderen Art.

Auch wenn Benjamin weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Entstehung ihres Albums spielt: Mit "Bye bye beauté" hat Coralie Clément die Rolle der kleinen, schüchternen Schwester verlassen. Sie hat sich zu einer ernstzunehmenden Musikerin gewandelt, die mit Entschlossenheit die Fäden ihrer Karriere selbst in die Hand genommen hat. Damit schließt sie zu ihren namhaften Kolleginnen der Nouvelle Scène Keren Ann und Françoiz Breut auf. Erste englische Textpassagen deuten zudem auf den Willen hin, ihren Weg weiter zu internationalisieren: "You want more", singt sie an einer Stelle in "Avec ou sans moi" und meint damit wahrscheinlich vor allem sich selbst.

© Michael Frost, 11. Februar 2005


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