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Born to be wild


Unter den zahllosen Blaskapellen osteuropäischer Roma nehmen sie eine Sonderstellung ein: Fanfare Ciocarlia, dieses merkwürdige Dutzend rumänischer Blechbläser aus einem kleinen Dorf in den Karparten, so klein, dass man aus dem fahrenden Zug springen muss, wenn man es besuchen will - einen Bahnhof gibt es nicht.

Auf der musikalischen Landkarte hingegen haben sich die Musiker von Fanfare Ciocarlia - ihre Zahl schwankt zwischen zwölf und zwanzig - längst verewigt. "Balkan Funk" wird ihre Musik genannt - es sind wilde, abenteuerlich schnelle und temperamentvolle Tanzrhythmen, mit denen sie berühmt wurden. Längst haben sie ihre ursprünglichen Auftrittsorte bei Hochzeiten und anderen Familienfeiern in Rumänien zugunsten der großen Konzertbühnen Europas und der Welt verlassen - auch im Frühjahr 2007 sind sie wieder unterwegs, im Gepäck ein neues Album, bereits das fünfte, und wieder schlägt das wohl berühmteste Roma-Orchester ein neues Kapitel auf.

"Queens and Kings" heißt die CD, für das Fanfare Ciocarlia quer durch Europa reiste, auf der Spur der Roma in Mazedonien, Ungarn, Bosnien, Serbien, Bulgarien und Frankreich. Denn seitdem die Versklavung der Roma in Rumänien 1864 abgeschafft wurde, verließen viele Angehörige dieses Volkes das Land in der Hoffnung auf ein besseres Leben Richtung Westen.

Heute siedeln Roma und Sinti praktisch überall in Europa. Sie entwickelten ihre Kultur weiter und vermischten sie mit anderen Traditionen. Fanfare Ciocarlia machen diese verschiedenen Stränge auf "Queens and Kings" deutlich: bishin zum Flamenco reicht der Sound ihres fulminanten Albums, an dessen Aufnahme einige der bedeutendsten Sängerinnen und Sänger der Roma beteiligt wurden: u.a. Saban Bjarmovic (Serbien), Jony Iliev aus Bulgarien, die französische Band Kaloome aus Perpignan, Kal aus Belgrad und verschiedene Frauen: Esma Redzepova (Mazedonien), Mitsou (Ungarn), Ljiljana Butler (Bosnien) und Florentina Sandu (Rumänien).

Sie alle beschreiben die Vielfalt der Musik der Roma in unterschiedlichen Rhythmen und Stilen, inspirieren sich gegenseitig und betonen dabei die Eigenständigkeit ihrer Tradition im Konzert europäischer Kulturen. "Queens and Kings" ist ein aufregendes Album, eine Entdeckungsreise in eine faszinierende Welt voller Leidenschaft und Lebensfreude, der alle Formen der Unterdrückung und Verfolgung nichts anhaben konnten. Es ist ein Album zum Tanzen und Feiern, das im Schlusstitel mit einer programmatischen Coverversion seinen Höhepunkt findet: "Born to be wild".

© Michael Frost, 24.02.2007

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