Wer 
            wagt, gewinnt. So wie Thomas Bohnet. Seit einigen Jahren veranstaltet 
            der DJ in München, inzwischen auch in Berlin, Partynächte 
            mit französischer - respektive frankophoner - Musik. Dabei setzt 
            er weniger auf das traditionelle Chanson, das in verräucherten 
            Existenzialistenbars goutiert wird, sondern auf Tanzmusik. Alternative 
            Rock, Pop, Ska, Reggae "und eine Prise Weltmusik" (Bohnet) 
            sind das Erfolgsrezept, das sich herumgesprochen hat. 
          Natürlich 
            verdanken aktuelle französische Acts wie Zebda, Mickey 3D, Vincent 
            Delerm, Dominique A., Sanseverino oder Rachid Taha ihren internationalen 
            Erfolg vor allem sich selbst und ihren originellen Sounds. Darüber 
            hinaus gibt es ein rühriges Exportbüro in Frankreich produzierte 
            Musik, das für die internationale Promotion verantwortlich zeichnet. 
            Doch alle Bemühungen blieben wohl ergebnislos, gäbe es nicht 
            Enthusiasten wie Thomas Bohnet und seine "Tour de France"-Partys, 
            durch die viele der neuen Bands den direkten Weg in die Gehörgänge 
            potenzieller Zuhörerschaft finden. 
          Dennoch 
            war der Weg von der Partynacht zur CD ein Wagnis. Doch "Le Tour 
            - The Best in French Alternative Music" wurde zum Erfolg: zunächst 
            allein über amazon, inzwischen auch im regulären Handel. 
            Und da Interesse und Nachschub gleichermaßen ungebrochen sind, 
            war der Schritt zum "Vol.2" nur zwangsläufig. 
          Um 
            es vorweg zu sagen: diese CD sollte man den Skeptikern im Bekanntenkreis 
            vorspielen, die der französischen Musik gerne mit dem absurden 
            Argument begegnen, sie könnten die Sprache nicht verstehen. Denn 
            Musik, die explizit für die Tanzfläche produziert wurde, 
            vermittelt sich frühestens in zweiter Linie über ihren Wortinhalt. 
            Rhythmus, Arrangements und Tempo stehen im Vordergrund, und das gilt 
            für den fröhlichen Multikultipop der Paris Combo ("Moi, 
            mon âme et ma conscience") ebenso wie für den Akkordeon-Rap 
            von Java ("Sex, accordéon et alcool") oder den Disco-Raï 
            von Sawt el Atlas.
          "Le 
            Tour 2" macht nicht den Fehler Bands zu präsentieren, die 
            sich dem internationalen, also angloamerikanischen, Mainstream angepasst 
            haben. Alle Beiträge, so unterschiedlich sie auch sein mögen, 
            haben eine "typisch" französische Note, in der sich 
            die unterschiedlichen kulturellen Traditionen des Landes und seiner 
            Bewohner widerspiegeln. Diesen kulturellen Reichtum als solchen anzuerkennen 
            und ihm entsprechenden Raum zur Entfaltung eingeräumt zu haben, 
            ist vielleicht das größte Verdienst des Zusammenwirkens 
            von Kreativen, Plattenfirmen und Kulturpolitikern. 
          Diese 
            Anziehungskraft hat inzwischen sogar Bands aus dem Ausland erfasst. 
            Die Münchener Band Phonoboy beispielsweise versammelt auf ihrem 
            Debütalbum Songs in drei Sprachen: Deutsch, Englisch und Französisch. 
            Mit "Laissez faire" ist die muntere Band ebenso auf "Le 
            Tour 2" vertreten wie die US-Indie-Band Nada Surf, die die Coverversion 
            eines alten Indochine-Hits beisteuern: "L'aventurier". 
          Erste 
            Rezensenten äußern bereits die Meinung, dass "Le Tour 
            2" noch besser geworden sein als die erste Ausgabe. Andere bereichern 
            die Debatte um Radioquoten bereits mit der Forderung nach einer 1:1-Übernahme 
            der französichen Regelung, also eine frankophone Quote für 
            die deutschen Radiosender. Bohnet hätte vermutlich nichts dagegen: 
            Wer wagt, gewinnt.
          © 
            Michael Frost, 19. Februar 2005
          TRACKLIST
            01.Tarmac - Je cherche
            02.Romeo - Petite conne
            03.Cali - Elle m`a dit
            04.Sanseverino - Frida
            05.Paris Combo - Moi, mon ame et ma conscience
            06.Tryo - Sortez-les
            07.Java - Sex, Accordeon et alcool
            08.Sawt el atlas - Ne me jugez pas (si je l`aime autant)
            09.Magyd Cherfi - L`alphabet syndical
            10.Kana - Plantation
            11.K2Riddim - Hatta Fayah
            12.Mickey 3D - Johnny Rep
            13.Elista - Debout
            14.Phonoboy - Laissez Faire
            15.Prototypes - Medicalement
            16.Nada Surf - L'Aventurier
            17.Qui - Feu De Paille (Amazon.de Bonus Track)