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Versteckte Kraft


Vielleicht wird man Art Mengo einfach überhören, wenn man nicht gezielt nach seiner Musik gesucht hat. Denn seine Art des Gesangs und der Instrumentierung ist - dem ersten Eindruck nach - weder besonders auffällig oder gar aufdringlich. Die Arrangements geben sich klassisch und schlicht, seine Melodien haben weder überraschende Tempi- oder Rhythmuswechsel, sind nicht prätenziös oder opulent.

Dennoch wird man an irgendeiner Stelle eines seiner Alben die Ohren spitzen. Gerade der unaufgeregte, leise und verträumt daher kommende Sound weckt schließlich die Aufmerksamkeit. Man erahnt die "versteckte Kraft", die sich erst beim genauen Hinhören entdecken lässt und sich bei dem Versuch offenbart, ihm und seinen raffinierten, hintergründigen und poetischen Texten aufmerksam zu folgen.

Vielleicht, weil er so wenig spektaktulär ist, wurde Art Mengo bislang in Deutschland kaum entdeckt. Und dennoch: Den Anhängern des zeitgenössischen Chansons ist er seit der Veröffentlichung seines ersten Albums 1990 ("Un 15 août en février") ein Begriff, oder durch seine Kooperationen mit Johnny Hallyday und Ute Lemper.

In Frankreich ist gerade sein neues Album erschienen: "La vie du château". In zwölf melancholischen, Blues- und Chanson-inspirierte Balladen verarbeitet Art Mengo literarische und musikalische Vorlagen, darunter Kafka ("Lettre à Milena"), Tango-Legende Carlos Gardel ("Le même tango") oder den Autor und Sänger Claude Nougaro ("Monsieur Claude").

Seine versteckte Kraft ist von zeitloser Qualität. Art Mengo in die Nähe des Neo-Chansons zu rücken wäre unzulässig, denn seine Musik bleibt unbeeinflusst von den experimentellen Spielereien der jungen Szene und wirkt dennoch weder rückständig noch veraltet, sondern einfach nur gewinnend, charmant, intelligent und gefühlvoll. Damit verfügt sie exakt über die Qualitäten, die man von perfekten Chansons erwartet.

© Michael Frost, 08.11.2003


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