Though 
              I am old with wandering 
              through hollow lands and hilly lands 
              I will find out where she has gone 
              and take her hands 
              and walk among long dappled grass 
              and pluck till time and times are done 
              the silver apples of the moon 
              the golden apples of the sun 
              (William 
              Butler Yeats, 
              The Song of Wandering Aengus)
            
          Auch 
            Georges Moustaki ist ein Vagabund auf Wanderschaft, vielleicht schon 
            zeit seines Lebens. Ein Getriebener, aber auch ein Vorantreibender, 
            einer, dem der Stillstand verhasst scheint, obwohl seiner Musik eine 
            Ruhe und Ausgeglichenheit innewohnt, die ihresgleichen sucht. 
          In 
            Frankreich gehört er zu den ganz Großen, wenn nicht Unsterblichen 
            des Chansons. Für die von ihm verehrte Edith Piaf schrieb er 
            nicht nur das Jahrhundert-Chanson "Milord", und neben all 
            seinen Arbeiten für andere komponierte er immer wieder für 
            sich, wurde selbst zum gefeierten Chanson-Star, berühmt aber 
            auch wegen seiner leisen, aber unmissverständlichen Gesellschaftskritik. 
            
          Immer 
            wieder sieht man ihn auf den Bühnen der Welt, still, regungslos, 
            allein mit sich, seiner Gitarre und seiner Musik und fühlt, dass 
            der Vagabund Moustaki in diesen Momenten ganz bei sich, zu Hause, 
            angekommen ist. 
          Er 
            ist ein stiller Beobachter, ein nachdenklicher Poet, einer, der niemals 
            einfach laut ausrufen würde "J'aime la vie" (Ich liebe 
            das Leben). Statt dessen: "J'aimerai la vie" (Ich 
            werde das Leben lieben) - unter Umständen also, und dann lässt 
            er seine Bedingungen folgen, und die erzählen von Wein, Weib 
            und Gesang, natürlich wiederum in poetischen Worten, mit nostalgischer 
            Stimme und wehmütigem Balladentempo.
          Für 
            "Vagabond" reiste Moustaki nach Brasilien. Die Aufnahmen 
            müssen in ihm sentimentale Erinnerungen wachgerufen haben. 1972 
            war er zum ersten Mal dort, im Jahr darauf hatte Bossanova-Star Tom 
            Jobim ihn eingeladen, eine französische Version von "Aguas 
            de marco" aufzunehmen. Eine Neueinspielung von "Les eaux 
            de mars" beschließt das Album, und auch das Zélia 
            und Jorge Amado gewidmete "Bahia" von 1973 nahm Moustaki 
            noch einmal auf. 
          Die 
            Faszination für Brasilien, seine Musik und seine Menschen, hat 
            Moustaki nie verloren. So war es wohl zwangsläufig, dass er den 
            Weg dorthin erneut antrat, mit einer Hommage an seinen alten Freund 
            Tom Jobim im Gepäck: "Tom // en mars les grandes eaux 
            // sur le Corvocado // mon Dieu que c'était beau". 
            
          Es 
            ist nicht die einzige Würdigung, die auf "Vagabond" 
            enthalten ist. Ein weiterer, ironischer, aber im Kern sehr hingebungsvoller 
            Liebesbeweis gilt den "mères juives", den jüdischen 
            Müttern, die ihren Söhnen auch dann noch Pullover und Handschuhe 
            stricken, wenn diese schon fünfzig sind, und sich über die 
            Undankbarkeit des Sohnes beschwert, nachdem der eine der beiden Krawatten 
            trug, die sie ihm geschenkt hatte: "pourquoi l'autre elle ne 
            te plaît pas?" - Die andere gefällt dir wohl nicht 
            ...
          Sie 
            sind sehr anrührend, die nostalgischen Geschichten des Vagabunden 
            Georges Moustaki, seine stillen Bekenntnisse über seine "faiblesse 
            pour les femmes" und all die anderen kleinen und großen 
            Lebensbeichten, unprätentiös, manchmal augenzwinkernd und 
            selbstironisch, und immer sehr liebenswert und voller Verständnis. 
            So wie für die Qualen des jungen Soldaten: "On m'avait 
            dit nous allons faire // fleurir les sables du désert // mais 
            j'ai peur que l'on ait menti ..." (Man sagte mir wir würden 
            // die Wüsten erblühen lassen // aber ich befürchte 
            sie könnten gelogen haben). 
          Der 
            Vagabund Moustaki ist noch längst nicht am Ende seiner Wanderschaft 
            angekommen. Von ihrer Strahlkraft haben seine Lieder nichts verloren, 
            es fehlt jede Spur von Starrsinn oder Verbitterung. Kein Zweifel: 
            Moustaki liebt das Leben. Bedingungslos.
          
          © 
            Michael Frost, 01. Oktober 2005