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Ansteckendes
"noJazz"-Virus
entdeckt!


Ein kluger Schachzug: Schon mit dem Bandnamen entzieht sich das Quintett "No Jazz" der Kritik. Von niemandem, so die ironische Botschaft, werde schließlich erwartet, die Musik der fünf Franzosen für Jazz zu halten. Die Plattenfirma schlägt vor, das neue Album "Have fun" ersatzweise unter "Electro" oder "Hiphop" in die Regale der Plattengeschäfte einzusortieren.

Doch auch hier sorgt wiederum der Name für die kalkulierte Verwirrung: Schon das vorige Album "No limits" ist durchaus auf die Absicht der Musiker zu beziehen, sich keinesfalls festlegen zu lassen: Für "No Jazz" wäre die Eingrenzung geradezu ein Akt der Freiheitsberaubung.

Die völlige gedankliche Freiheit bildet die Grundlage des "No Jazz"-Sounds. Auf der neuen CD finden sich daher scheinbar gegensätzliche Stilelemente aus Mariachi-Klängen, indischer Sitar, Freejazz, Funk, Soul und House: Ravi Shankar trifft Earth, Wind and Fire, Miles Davis wird von einer mexikanischen Straßenkapelle begleitet, während Stevie Wonders unverkennbare Mundharmonika durch ein wahnwitziges DJ-Set dekonstruiert wird. Das meiste klingt nur so, doch Stevie Wonder ist auf "Have fun" tatsächlich dabei: Auch er wurde mit dem "No Jazz"-Virus infiziert.

Keine Frage: Für die Gralshüter des musealisierten Jazz muss dieses Quintett die Apokalypse sein. Doch Philippe Balatier (Keyboards, Samples), Pascal Reya (Bass, Drums), Philippe Selam (Saxophon), Guillaume Poncelet (Trompete), Mike Chekli (Turntables) lässt das kalt, denn ihre Definition des Jazz ist gleichzusetzen mit "Bewegung".

Den Altmeistern den Genres erweisen No Jazz ihre Referenz, doch nicht im Stil einer rückwärtsgewandten Hommage, sondern indem sie ihr Erbe mit aktuellen Sounds verknüpfen. Breakbeats, Samples, Rap - Bestandteile des Hiphop also, außerdem Funk, Soul, House und verschiedene Worldmusic-Einflüsse geben dem Jazz neue, bahnbrechende Impulse und erweitern ganz nebenbei auch den Horizont des Publikums: Aufgeschlossene Jazz-Fans entdecken den Hiphop und umgekehrt.

Die Ironie des Projekts, befand die Pariser Tageszeitung "Le Monde", bestehe folglich darin, dass "die Zukunft des Jazz 'No Jazz' genannt werden" müsse.

Doch nicht nur der Jazz selbst wird neu belebt, sondern vor allem auch seine ursprüngliche Wirkungsabsicht: "Das gemeinsame Ziel der vielseitigen Franzosen war es, den Jazz mit hypnotischen Rhythmen und aktuellen Sounds wieder als die Musik der Parties und Dancefloors zu beleben" (Pressetext).

Dieses Ziel dürfte auch mit dem neuen Album mühelos erreicht werden. "No Jazz", die als Liveband starteten, bevor sie 2002 ihr erstes Album veröffentlichten, verwandeln das Publikum in jedem Saal, in dem sie auftreten, binnen kürzester Frist in eine begeistert mittanzende Masse, getreu dem - wiederum wörtlich zu nehmendem - Albummotto: "Have fun".

© Michael Frost, 27.10.2005

France Pop Übersicht*

* Ist Nojazz wirklich "France Pop" ?, mögen Schubladendenker fragen. Aber das Quintett geht so bedenkenlos mit allen möglichen Stilen um, dass wir keinen Grund sehen, es anders zu machen ! Also ist auch NoJazz Popmusik, und zwar eine der rhythmischsten, die derzeit zu haben ist !

 


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