OASIS
lebt mittlerweile mehr vom Image als von der Musik. Die Zwistigkeiten
zwischen den Gebrüdern Gallagher füllen die Klatschspalten
selbst jeder Provinz-Postille, wie oft schon haben Liam und Noel geschworen,
nie wieder zusammen auf einer Bühne oder in einem Studio Musik
zu machen, um sich Tage darauf wieder medienwirksam zu versöhnen.
All
das geschah so oft, dass es eigentlich niemanden mehr interessiert,
und schon beim Erscheinen von STANDING ON THE SHOULDER OF GIANTS im
März 2000 war jene Begeisterung ausgeblieben, mit der OASIS-Fans
1997 in der Nacht vor der Veröffentlichung von BE HERE NOW vor
den Plattenläden campierten und den Verkaufsstart zum Happening
machten.
Drei
Jahre später befindet sich nicht nur die Beziehungskiste der
Gallaghers in der Sackgasse, sondern auch ihre Musik. Die meisten
Stücke hören sich an wie schon zuvor auf (WHAT’S THE
STORY ?) MORNING GLORY oder BE HERE NOW. Das ist zwar noch kein Beleg
für Qualitätsmangel, aber für Stillstand: OASIS sind,
im Gegensatz zu anderen Vertretern der Britpop-Ära wie Blur oder
Radiohead, stehen geblieben und haben ihre Musik nicht weiter entwickelt.
Die
besseren Stücke auf STANDING ON THE SHOULDER OF GIANTS, wie auch
schon die besseren Stücke auf den vorigen Alben, klingen nach
den großen Vorbildern, den „Giants“ Lennon und McCartney, in
diesem Fall mal nach „Norwegian Wood“, mal nach „Hey Jude“.
Was
nach dem Motto „So würden die Beatles heute klingen“ zu Beginn
der OASIS-Karriere noch spannend war, hat sich von Album zu Album
abgenutzt. Es war Björk, die in einem Interview einmal sinngemäß
sagte, sie halte OASIS eigentlich für eine konservative Band,
die konservative Musik mache, und das trifft in vielerlei Beziehung
den Nagel auf den Kopf.
Ihr
fortwährendes 60er-Revival, zu dem vermutlich auch die öffentlich
ausgetragenen Eskapaden zwischen Liam und Noel Gallagher gehören,
taugt vielleicht noch für ein weiteres Album, eine weitere Tour,
bei der die Brüder sich von Ort zu Ort beschimpfen und besaufen
können, schließlich für ein Best-Of-Album, danach
freuen wir uns zwar, wenn wir gelegentlich WONDERWALL oder DON’T LOOK
BACK IN ANGER im Radio hören, wenden uns aber ansonsten wieder
den wirklichen Giganten zu.
MF
/ 23. September 2000