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Tango mit Leidenschaft


In den letzten Monaten hat sich das Argentinien-Bild vieler Europäer dramatisch geändert. Das Land ist zerrissen zwischen den Extremen - hier die Märchenprinzessin und Tochter eines Junta-Ministers aus Buenos Aires bei ihrer Traumhochzeit in Amsterdam, dort die protestierenden Massen, eine korrupte und völlig überforderte Regierung, ein ganzes Land unter der Fuchtel von Weltbank und Internationalem Währungsfonds, eine ruinierte Mittelschicht auf dem Weg in die Emigration nach Europa, wo die Vorfahren einst herkamen - das ist Argentinien heute.

Mit etwas Wehmut und hilflosem Mitleid, aber letztlich mit umso größerem Respekt vor den kulturellen Errungenschaften Argentiniens hört man deshalb dieser Tage eine spannende Neuerscheinung auf dem Plattenmarkt: "Soledad", benannt nach einem Stück des Tango-Meisters Astor Piazzolla, ist ein aus Belgien stammendes Tango-Quintett, bestehend aus Manu Comté (Akkordeon), Nicolas Stevens (Violine), Alexander Gurning (Klavier), Patrick de Schuyter (Gitarren) und Philippe Cormann (Kontrabass).

Gemeinsam interpretieren sie Tango-Stücke aus verschiedenen Epochen, klingen dabei ebenso unkonventionell wie zielstrebig - und ungemein faszinierend und mitreißend.

Die tragende Rolle spielt natürlich der Akkordeonist, und Manu Comté beherrscht das Instrument virtuos. Der junge Belgier (geboren 1973) erhielt für sein Können in den letzten Jahren bereits zahlreiche Preise in Frankreich, Belgien, Deutschland und Italien.

Aber die anderen Musiker stehen Comté in nichts nach. Alle haben eine fundierte klassische Ausbildung hinter sich und verfügen über internationale Bühnenerfahrung in unterschiedlichen Stilrichtungen. Patrick de Schuyter spielte beispielsweise in einer Bluesband, und Violinist Nicolas Stevens gehört auch zur Begleitband von Yann Tiersen (Soundtrack "Die fabelhafte Welt der Amélie"). Verbunden werden die fünf Musiker durch ihr sensationelles Gespür für die tiefe und manchmal abgründige Leidenschaft des "Tango Nuevo", wie ihn Piazzolla berühmt machte.

Von ihm stammen auch die meisten Stücke des Albums, darunter seine wohl bekannteste Komposition "Libertango", daneben findet man aber auch zwei Kompositionen von Igor Strawinsky, mit denen das Quintett den fließenden Wechsel zwischen klassischen Arrangements und Tango unterstreicht.

Der gelungene Brückenschlag verfehlt seine Wirkung nicht und überzeugt Instanzen auf beiden Seiten: Die berühmte klassische Pianistin Martha Argerich äußerte sich zu "Soledad" ähnlich begeistert wie auch Jazz- und Tango-Akkordeonist Richard Galliano, dessen Komposition "Tango pour Claude" selbst auf dem Album zu hören ist: "Endlich eine Gruppe wunderbarer Musiker, die die Musik Astor Piazzollas so spielt wie sie gespielt werden sollte: Mit Leidenschaft."

Michael Frost, 16. Februar 2002

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