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Ohne Pathos


Zooropa ist nicht U2s erfolgreichstes Album. Das wird in alle Ewigkeit The Joshua Tree (1987) bleiben: fast jeder Song ein Single-Hit, das Album mit Gold und Platin überhäuft. Zooropa ist anders, vielleicht das am wenigsten beachtete U2-Werk. Bekannt daraus wurde lediglich "Stay (Far away, so close)".

Die CD entstand 1993 nach Abschluss der spektakulären und gefeierten Multimedia-Tour "ZOO-TV", mit der U2 ihr voraus gegangenes Album "ACHTUNG BABY" vorstellten.

ACHTUNG BABY hatte 1990 einen musikalischen Wechsel eingeleitet, der die Band vom traditionellen Rock'n'Roll zur elektronischen Dance-Music brachte, ein Trend, den U2 auf Zooropa weiter präzisierten und um zaghafte Techno-Elemente erweiterten.

Zooropa ist das experimentellste Album von U2. Die Band spielt mit Sounds und Stilen. Dem Album hat die kurze Produktionszeit im Anschluss an die Tour, als die Band noch richtig "eingespielt" war, gut getan. Zooropa wirkt durch den Verzicht auf den Pathos früherer Werke klarer, spontaner und spielerischer.

Außer der markanten Stimme Bonos erinnert kaum noch etwas an das handgemachte "Joshua Tree"-Album, doch selbst er hält sich auf Zooropa erststaunlich zurück: "Numb", durch seinen ganz besonderen Groove eines der besten Stücke auf der Platte, wird von The Edge gesungen, der auch den Text dazu schrieb.

Eine weitere Überraschung bietet auch der Schlusssong von Zooropa: "The wanderer" singt kein anderer als Country-Legende Johnny Cash. U2 haben bei "The wanderer" alle Hände voll zu tun, um gegen Cash zu bestehen, dessen Stimme so charakteristisch ist, dass er selbst noch beim Vorlesen von Kochrezepten nach Country klingt. U2 treiben ihn in eine Art elektronischen Gospel, und das Ergebnis kann sich hören lassen und muss wohl auch Cash selbst überzeugt haben, zumal sein Auftritt auf Zooropa die Aufmerksamkeit neuer Hörer-Gruppen auf ihn lenkte.

Es ist bedauerlich, dass viele "alte" U2-Fans den Spaß der Band an stilistischen Experimenten nicht teilen mochten und sie den kommerziellen Erfolg von The Joshua Tree mit den ungleich ambitionierteren Nachfolge-Projekten nicht wiederholen konnten. Ist es doch genau diese Erweiterung ihres musikalischen Horizonts, die ihren Platz in der Geschichte der Rock-Musik begründet.

MF / 23. September 2000

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