"Musique 
          du Papa" sei das französische Chanson, sagte Benjamin Biolay 
          vor einiger Zeit etwas abfällig, um sich fortan eher den angloamerikanischen 
          Einflüssen der zeitgenössischen Musik zu widmen. Doch was 
          Biolay so leichtfertig abstreifen wollte, das erweist sich immer wieder 
          als erstaunlich hartnäckig und vital. Denn auch für das klassische 
          Chanson gilt: Totgesagte leben länger.  
          Und 
            so findet sich immer zur rechten Zeit ein junger Nachwuchsmusiker, 
            der der Chansonszene neues Leben einhaucht und - der französischen 
            Talentförderung sei Dank - hinreichend protegiert wird, um seine 
            Karriere auf soliden Grund bauen zu können. 
          Vielen 
            Beobachtern gilt Matthieu Vermeulen als ein solches Talent. Die Alliance 
            Francaise finanzierte ihm deshalb die Produktion von 5.000 Exemplaren 
            seines Debüt-Albums "Le pianiste de Transatlantque" 
            und vertrieb sie mit der Allianz-eigenen Zeitung. So verbreiteten 
            sich die vierzehn mit leichter Hand und luftigen Arrangements versehenen 
            Chansons, in denen der junge Künstler von diesen hoffnungslos 
            traurigen Tagen erzählt ("Triste comme le bar d'Edward Hopper 
            // noir comme une page de William Faulkner ..."), die wohl jeder 
            schon einmal erlebt hat, oder den Schwierigkeiten, einen erotischen 
            Traum nachzuerzählen. Sein Wortwitz und die überzeugende 
            Umsetzung in Musik brachten ihm jüngst den Preis der Societé 
            des Auteurs et Compositeurs dramatiques ein, die ihn als Autor, Komponist 
            und Interpret des Jahres auszeichnete. 
          Vermeulens 
            Chansons sind Schnappschüsse des Alltags. Mit viel Humor und 
            Ironie, die sich auch in der Musik widerspiegeln, besingt er die eingefangenen 
            Momentaufnahmen. All das geschieht in betont einfacher Weise und ebenso 
            unspektakulär wie die Geschichten, von denen seine Lieder handeln. 
            
          Basis 
            seines Klangs ist das Klavier, das er hier und dort durch weitere 
            akustische Instrumente ergänzt, jedoch nach klassisch-akustischem 
            Muster und in völlig zeitloser Manier. So gesehen ist er natürlich 
            doch ein Vertreter der "Musique du Papa", sein Ziel ist 
            nicht die musikalische Revolte, womöglich geht es ihm noch nicht 
            einmal um die Innovation des Genres, sondern einfach nur um eine gelungene 
            Aneignung einer traditionellen Kunstform. So gesehen könnte man 
            bescheinigen, dass "Papa" offenbar in seinen besten Jahren 
            ist. 
          © 
            Michael Frost, 10.04.2005