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Postkartenidylle


"Sie haben Post!" - Nein, dies ist keine Mitteilung Ihrer eMail-Software. Sie haben eine Urlaubskarte bekommen. Von Laurent Voulzy. Kennen Sie nicht? Sollten Sie aber - zumal er Ihnen immerhin Grüße aus den Ferien schickt: "La septième vague" - die siebte Welle, auf der es nach Sportler-Meinung am besten surfen lässt.

Das Schöne an dieser Karte ist: man kann sie hören. Denn Laurent Voulzy schickt uns achtzehn Songs, seine, wie er sagt, eigene "Sommer-Compilation". Das macht neidisch. Denn während wir gewöhnlicherweise unsere Sommer-Compilations zusammenstellen, indem wir unsere Lieblingssongs mühevoll von diversen Alben auf eine CD brennen (womit wir, rechtlich gesehen, immer mit einem Bein im Gefängnis stehen), da zupft Laurent Voulzy selber die Saiten.

"Nach einem Essen mit Freunden nehme ich gerne meine Gitarre zur Hand und singe Lieder", erzählt er, jedoch: "Natürlich niemals meine eigenen." Sondern beispielsweise Sades "Smooth operator", Brigitte Bardots Côte d'Azur-Phantasie "La madrague" oder den Beatles-Song "Here there & everywhere".

Manchmal fällt einer der anwesenden Freunde spontan in den Gesang ein, und daraus erwächst dann vielleicht ein so zuckersüßes Duett wie "All I have is to dream" mit Andrea Corr (ja, genau die!), oder "Yesterday once more" mit Lenou, deren Timbre so irritierend genau klingt wie Karen Carpenter im Original. Die Stimme von Alain Souchon dagegen ist kaum eine Überraschung, immerhin verbindet ihn mit Laurent Voulzy eine über 30 Jahre alte Songwriter-Partnerschaft. Und doch ist es das erste Mal, dass die beiden auf einem Album ein Duett singen: Simon & Garfunkels "The 59th Street Bridge Song", besser bekannt als "Feeling groovy".

So lässt Voulzy, der in Frankreich zu einem der wichtigsten Songwriter der letzten Jahrzehnte zählt, sich von der "Septième Vague" durch die Pop- und Chansongeschichte tragen - und bleibt immer obenauf. Ein "Tribute-Album" habe er dabei nicht machen wollen, sagt er und ergänzt mit entwaffnender Offenheit: "Das Album entstand nur wegen des Spaßes am Spielen." So atmen alle Lieder die Leichtigkeit des Sommers, da gibt es nichts zwischen Akustikgitarre, Geigen, leisen Congas, samtweicher Stimme und catchy Refrain, was die Stimmung trüben könnte.

Das mag für manchen Betrachter etwas dick aufgetragen sein, zu perfekt, zu viel "Shalala", zu viel "Shubidua", zu viel Lagerfeuerromantik am Strand bei Sonnenuntergang - doch wenn ehrlich ist: zu gern wäre man selber dort, am Ort der Postkartenidylle dieses Albums.

© Michael Frost, 03.01.2007


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