Alle 
          haben irgendwann einmal klein angefangen. Auch Dominique Ané, 
          genannt Dominique A., erlebte Rückschläge, bevor er schließlich 
          zu einem der wichtigsten Pioniere der "Nouvelle Scène Française 
          wurde. Von seinem selbst produzierten Solo-Debüt "Un disque 
          sourd", nur auf Vinyl erschienen, wurden 1990 gerade einmal einhundertfünzig 
          Exemplare verkauft.  
          Doch 
            schon zwei Jahre danach hatte Dominique A. einen richtigen Plattenvertrag 
            in der Tasche und ein veritables Album in den Läden: "La 
            fossette", das bereits zwei seiner bis heute brilliantesten Titel 
            enthält, nämlich "Va t'en", ein hypnotisierndes 
            Sechs-Minuten-Opus, in das sich minimalistische Synthie-Beats, Percussions 
            und eine krächzende E-Gitarre wie zufällig verirrt zu haben 
            scheinen, während Ané dazu im Staccato fleht: "Va 
            t'en, va t'en, si tu m'aime encore un peu" ("Hau ab, wenn 
            du mich noch ein wenig liebst"). Das zweite Stück, "Le 
            courage des oiseaux", ist ein Synthiepop-Stück vom Feinsten, 
            das bereits einen Vorgeschmack auf Anés Ideen einer Fusion 
            von französischem Chanson und Electro-Pop liefert, wie er sie 
            auf seinen späteren Alben weiter ausfeilt.
          Wie 
            wichtig gerade "Le courage des oiseaux" für die junge 
            Szene in Frankreich war, zeigt auch die Tatsache, dass die Macher 
            der Compilation "Le Pop - Die Chansons der Nouvelle Scène 
            Française" es für ihre Zusammenstellung auswählten, 
            obwohl auch eine Vielzahl mindestens ebenbürtiger neuerer Chansons 
            von Dominique A. zur Verfügung gestanden hätten. 
          Den 
            Minimalismus als Grundidee seiner Chansons hat er nie ganz aufgegeben. 
            Besonders die Aufnahmen seiner frühen Alben klingen oft beklemmend 
            bis beängstigend. Der vereinsamte Sound wird durch den introspektiven 
            Gesang nur noch verstärkt und verbreitet eine dichte Atmosphäre 
            von Melancholie und Tristesse, die nur selten durchbrochen wird, wobei 
            die Arrangements im Laufe der Jahre voller werden und sich stärker 
            von Rock-Einflüssen inspirieren lassen. 
          Insbesondere 
            die Titel seines bislang letzten Studioalbums "Auguri" von 
            2001 zeigen einen Dominique A., der seine Melancholie zwar nicht gänzlich 
            ablegt, aber dennoch wenigstens verhalten fröhlich wirkt. 
          Schon 
            seit seinem 1993er Album "Si je connais Harry" war Anés 
            damalige Lebensgefährtin Françoiz Breut an seinen Produktionen 
            beteiligt. Ihr erster großer gemeinsamer Erfolg war das rasante 
            Duett "Le twenty two bar" von 1995 (auf dem Album "La 
            memoire neuve"), und inzwischen ist Françoiz Breut selbst 
            einer der Stars der "Nouvelle Scène", die seit 1997 
            zwei eigene hoch gelobte Alben veröffentlicht hat, deren Titel 
            sie überwiegend in Koproduktion mit ihrem Ex-Partner Dominique 
            Ané schrieb. 
          Doch 
            auch ein weiterer Name ist inzwischen untrennbar mit der Karriere 
            von Dominique A. verbunden: Yann Tiersen, gefeierter Komponist des 
            Amélie-Soundtracks, der vorher bereits einige Titel und die 
            Orchesterarrangements für Françoiz Breuts Album "Vingt 
            à trente mille jours" geschrieben hatte, holte Dominique 
            A. als Gast für die Aufnahmen zu seinem Album "L'absente". 
            Ané ist darauf als Gastsänger zu hören und steuerte 
            auch eine eigene Komposition bei ("Bagatelle"). 
          Die 
            Zusammenarbeit mit Yann Tiersen dauert an und wirkt sich inzwischen 
            auch auf den Produktionen von Dominique A. aus. Auf seinem neuen Album 
            "Tout sera comme avant" nämlich verabschiedet er sich 
            erstmals vom Minimalismus der 90er. Statt dessen beschäftigt 
            nun auch er ein ganzes Symphonie-Orchester, ohne allerdings deswegen 
            auf seine Ambitionen als Rockmusiker zu verzichten: Er verbindet die 
            Elemente einfach miteinander, lässt Geigen, Gitarren und Computer 
            verschmelzen, legt seine poetische Stimme darüber - und nichts 
            steht mehr zwischen Dominique A. und seinen epischen Kunstwerken, 
            für die der Begriff "Chanson" fast schon zu banal ist.
          © 
            Michael Frost, 12. Oktober 2002
            Update: 24.04.2004
          