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Pathos und Dramatik zweier Welten


Als Natacha Atlas im vergangenen Jahr ein Album mit Liedern veröffentlichte, die sie überwiegend in der Plattensammlung ihres Vaters gefunden hatte ("Ana hina"), lenkte sie damit einmal mehr den Blick auf eine Epoche des Nahen Ostens, die in den Wirren aktueller politischer Auseinandersetzungen untergegangen schien. Nun ist es die libanesische Interpretin Soumaya Baalbaki, die an die "goldene Zeit der arabischen Musik" (Pressetext) anknüpfen möchte.

Bis zum Beginn des Bürgerkriegs und der faktischen Teilung der Stadt galt nämlich Beirut als das "Paris des Ostens", nicht nur wegen der Schönheit der libanesischen Hauptstadt, sondern auch wegen ihrer Bedeutung als künstlerischem Zentrum der arabischen Welt. Dabei herrschte so viel kreative Freiheit, dass arabische Künstler begannen, ihre traditionelle Musik mit dem zu vermischen, was aus anderen Regionen der Welt zu ihnen drang - beispielsweise Tango.

Soumaya Baalbaki hat einige der Lieder, die in diesen Jahren entstanden, entstaubt, restauriert und neu aufgenommen. Oud und Akkordeon, Rik und Geige, stellt man unversehens fest, harmonieren perfekt miteinander, ebenso wie die charakteristischen Gesangsharmonien arabischer Musik zu der bedingungslosen Leidenschaft und ungefilterten Emotion passen, die den Tango ausmachen.

 

So macht es schließlich keinen Unterschied, dass Soumaya Baalbaki nicht etwa Spanisch, sondern Arabisch singt - wie selbstverständlich fügt sich die Sprache in den Rhythmus des Tango ein, und mit unter die Haut gehender Leidenschaft vereint Soumaya Baalbaki Pathos und Dramatik arabischer und argentinischer Emotion.

Dass sie damit auch zwei Welten zusammenbringt, die im politischen Alltag zu häufig auseinanderdriften, gibt dem Album zusätzliche Bedeutung - die es allerdings nicht benötigt. Denn die künstlerische Klasse allein macht "Arabtango" zum bewegenden Erlebnis.

© Michael Frost, 26.12.2008


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