Niemals 
          habe er etwas anderes machen wollen als Musik, erzählt Julien Jacob. 
          Einmal, als er mit seinen Eltern die Party einer befreundeten Familie 
          besuchte, entdeckte er dort ein Klavier. "Ich muss fünf oder 
          sechs Jahre alt gewesen sein und kaum größer als das Klavier 
          selbst. Doch seit diesem Moment war ich überzeugt davon, dieses 
          Instrument eines Tages spielen zu können und Musiker zu werden." 
           
          Jetzt 
            veröffentlicht Julien Jacob sein zweites Album. Es trägt 
            den Namen der Hauptstadt seines Herkunftslandes Benin: Cotonou. Doch 
            Jacobs Familie verließ das Land bereits, als Julien erst vier 
            Jahre alt war. Seitdem lebt er in Frankreich, zunächst in Marseille. 
            An der französischen Mittelmeerküste, wo sich traditionell 
            die Kulturen Mittel- und Südeuropas, Nordafrikas und Arabiens 
            treffen, fand er die Inspirationen für einen in jeder Hinsicht 
            einmaligen Sound, der mit dem, was ansonsten im Bereich der so genannten 
            "Weltmusik" den Weg nach Europa findet, kaum Gemeinsamkeiten 
            hat, obgleich der Bezug zur afrikanischen Musik nie völlig außer 
            Hörweite gerät. 
          Julien 
            Jacob hat sich in seiner Musik eine eigene Welt erschaffen. Wie für 
            die isländische Band Sigur Rós ist auch bei ihm die Sprache 
            Teil der Komposition. Folglich versteht man nichts - und doch alles. 
            
          Seine 
            Stimme berührt zutiefst, die Rhythmen, mal getragen und verhalten, 
            dann impulsiv und temperamentvoll, sie gehen tief unter die Haut. 
            Mit minimalistischem Aufwand an Instrumenten - oft verharren die Töne 
            als Andeutung - erzeugt Jacob ein berückende, dichte Atmosphäre 
            zwischen sensibler Introspektive und pulsierender Lebensfreude. 
          Heute 
            lebt Julien Jacob in der Bretagne. Dort kreiert er seinen Klangkosmos, 
            feilt an seiner Kunstsprache und entwirft seinen ureigenen Sound aus 
            afrikanischen und arabischen Instrumenten, die er gelegentlich durch 
            akustische und E-Gitarren ergänzt, oder in raffinierten Experimenten 
            mit Vocodern und Computern umgeht. 
          Ohne 
            jeden Anflug von Unsicherheit bewältigt Julien Jacob den schmalen 
            Grat zwischen afrikanischer Tradition, europäischer Popkultur 
            und amerikanischem Blues, streift wie selbstverständlich Jazz 
            oder Elektro - und lässt doch immer seinen roten Faden durchscheinen. 
            Kein Wunder, dass er Rachid Taha als Partner für seinen Song 
            "Yacob" gewinnen konnte - ist doch der aus Algerien stammende 
            Taha selbst ein Grenzgänger zwischen Orient und Okzident. 
          Letztlich 
            ist es der kalkulierte Widerspruch, aus dem "Cotonou" seine 
            Spannung bezieht. Die Sprache, obgleich völlig unbekannt, dient 
            der universellen Verständigung; die afrikanische Herkunft der 
            Musik ist unverkennbar und dennoch "so ganz anders als jegliche 
            afrikanische Musik" (Pressetext). Dieses Kunststück, soviel 
            ist sicher, beherrschen nur Ausnahmemusiker. Doch eben ein solcher 
            ist Julien Jacob. "Cotonou" ist dafür der Beweis.
          © 
            Michael Frost, 18.03.2005