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Was 1988 mit einem Album begann, auf dem eine junge portugiesische Band alentejanische Folklore, Fado mit vorsichtigen Ambient-Klängen mischte, entwickelte sich in der Folge zu einem international gefeierten Konzept, in dessen Folge der gesamten portugiesischen Musikszene erhöhte Aufmerksamkeit zuteil wurde. Insbesondere der Fado, der Blues von Lissabon, erfuhr eine regelrechte Renaissance, Madredeus selbst erreichten Kultstatus, der sich unter anderem darin ausdrückt, dass ihre Lieder sogar von DJs und Soundtüftlern der internationalen Elekto-Avantgarde remixt wurden ("Electronico", 2002).

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Madredeus selbst schon weit von den traditionellen Wurzeln ihrer Musik entfernt und einen ur-eigenen sound erschaffen.

Spätestens seit 1997 widmete sich das Quintett um den Gitarristen Pedro Ayres Magalhaes und die unvergleichliche Stimme der Gruppe, Teresa Salgueiro, verstärkt der Verbindung ihrer melancholischen Balladen mit klassischen Einflüssen. Den Höhepunkt dieser Phase erlebte man 2002 auf ihrem dritten Live-Album "Euforia" (CD/DVD), das Madredeus gemeinsam mit dem Flämischen Radioorchester in Brügge aufzeichneten.

Im Gegensatz zu dieser groß angelegten Orchester-Inszenierung ist "Um amor infinito" (Eine ewige Liebe) wieder ein leises Album, das allein von den Mitgliedern der Gruppe (neben Teresa salgueiro und Pedro Ayres Magalhaes sind dies José Peixoto/klassische Gitarre, Carlos Maria Trindade/Synthesizer, Fernando Júdice/akustische Bassgitarre) bestritten wird.

Eine Rückkehr zu Fado und Folklore ist "Um amor infinito" dennoch nicht, lediglich eine neuerliche Variante der einzigartigen Madredeus-Ballade, die sich fast ausschließlich auf die in den Bann ziehende Wirkung der Stimme Salgueiros verlässt und ihren Gesang mit leisem, virtuosem Gitarrenspiel unterstützt.

Zusätzliche Klangfülle erreichen Madredeus zudem mit dem weiterhin ungewöhnlich wirkenden Einsatz des Synthesizers - ungewöhnlich deshalb, weil der elektronische Sound einerseits das akustische, klassische Prinzip zu durchbrechen scheint, sich andererseits aber harmonisch in das Gesamtkonzept fügt.

Weil die 13 Titel auf "Um amor infinito" das Tempo kaum wechseln, mag man das Fehlen eines dramaturgischen Spannungsaufbaus und eines Wechsels zwischen langsamen und schnelleren Titeln, wie noch auf den frühen Alben bis zum "Lisbon Story"-Soundtrack ("Ainda", 1995) zu erleben, vermissen. Das Besondere der "ewigen Liebe" ist jedoch, dass man sich ihr bedingungslos hingeben kann, sich einfach von ihr tragen und treiben lassen darf. Besonders ist auch, dass es Madredeus gelingt, dieses Gefühl, diese Stimmung auch denen zu vermitteln, die der portugiesischen Sprache nicht mächtig sind.

© Michael Frost, 20.05.2004

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