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Es fehlt ihm der Blues


Es war ein spannender Versuch, einige der berühmtesten Lieder des zu Ende gegangenen 20. Jahrhunderts herauszusuchen, sie einem großen Orchester vorzulegen und ihnen neues Leben einzuhauchen.

George Michael macht mit seiner Titelauswahl klar, dass die von ihm ausgesuchten Lieder es verdient haben, auch heute noch gehört zu werden und damit bringt er viele alte Songs einem Publikum nahe, das die Originalversionen vielleicht gar nicht kennt.

Andererseits: Wer Bing Crosby ("Brother can you spare a dime"), Chet Baker ("I remember you") oder Nina Simone ("My baby just cares for me") covert, setzt sich zwangsläufig einer vergleichenden Betrachtung mit diesen Ikonen der Jazz- und Bluesgeschichte aus.

George Michael gehört aufgrund seines stimmlichen Potenzials und seiner erotischen Ausstrahlung sicher zu den ganz wenigen aktuellen Popgrößen, die einem solchen Vergleich grundsätzlich standhalten können, und doch runzelt man beim Hören seiner "Songs from the last century" gelegentlich die Stirn, ohne zunächst zu wissen, wo das Problem liegt.

Denn trotz des perfekt arrangierten Orchesters, dem ebenso perfekten stimmlichen Ausdruck George Michaels, fehlt den "Songs from the last century" etwas ganz wesentliches, was sie von den Originalaufnahmen unterscheidet: Athmosphäre, Authentizität und die gewisse Portion Laszivität.

George Michael singt die Titel zwar tadellos, aber auch ein wenig steril: er lebt sie nicht. Man vermisst das Timbre, mit dem Nina Simone oder Chet Baker ihre Zuhörer in den Gänsehaut-Schock trieben, kurz: Die Makellosigkeit ist sein eigentlicher Makel, ihm fehlt der Blues in der Stimme, der die Stimmung "knistern" lässt.

Dennoch macht das Album Spaß. Und das liegt unter anderem an der originellen Version des Police-Klassikers "Roxanne", das Michael von einer Rock-Ballade in einen 50er-Jahre Jazz-Standard umarbeitete. Vielleicht wäre die gesamte CD derart gelungen, wenn er die Perlen des 20. Jahrhunderts nicht 1:1 kopiert, sondern nach dem "Roxanne"-Beispiel eigene Versionen zu seinen Favoriten entwickelt hätte.

MF / 17.03.2001

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