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Der Nachwuchs
feiert seine Ikone


Die Portugiesen verehren Amália Rodrigues wie eine Heilige. Die legendäre, 1999 verstorbene Fado-Sängerin gilt über ihren Tod hinaus als die Verkörperung der portugiesischen Seele, und sowieso als Maßstab für alle "Fadistas" der jüngeren Generation.

Anwärterinnen auf den Fado-"Thron" gibt es einige: Mísia, Mariza, Dulce Pontes oder Cristina Branco, um nur die auch international geläufigen Namen zu nennen. Dass unter ihnen und anderen jungen portugiesischen Sängerinnen die Leidenschaft für den Fado - den Blues von Lissabon - ungebrochen ist, auch dies ist ein Verdient von Amália Rodrigues.

Während ihrer fast fünfzigjährigen Karriere beeinflusste die Rodrigues praktisch das gesamte Musikleben ihres Landes. Ihre Auftritte in der ersten Hälfte der 40er Jahre begründeten ihren Ruhm, den sie seit 1945 durch Schallplattenaufnahmen und die Mitwirkung an zahlreichen Spiel- und Musikfilmen ausbaute. Kaum vorstellbar, dass ihr Name einem Portugiesen unbekannt sein könnte.

Amália Rodrigues interpretierte dabei längst nicht nur traditionelles Liedgut, sie inspirierte die führenden Künstler des Landes, Dichter, Komponisten, Instrumentalisten, für sie zu arbeiten. Dadurch erhob sie den Fado zu einer eigenständigen Kunstform, der bald über die Grenzen des Landes hinaus wahrgenommen und goutiert wurde - übrigens vor allem in Frankreich, wo parallel das Chanson in seinen unterschiedlichen Prägungen durch Interpreten wie Georges Brassens, Edith Piaf und Juliette Gréco eine ähnliche Entwicklung nahm.

Durch Amália Rodrigues erhielt der Fado einen zeitgemäßen Anstrich. Sie war zeitlebens keine Dogmatikerin, die darauf bestanden hätte, nur von dem traditionellen Ensemble aus Gitarre, akustischem Bass und 12-saitiger portugiesischer Gitarre begleitet zu werden. Ihre zahllosen Veröffentlichungen zeugen von dem Versuch, einerseits die Eigenständigkeit des Fado und seines besonderen Ausdrucks zu bewahren, ihn jedoch dabei nicht unter Quarantäne zu stellen.

Nach diesem Prinzip arbeitet auch einer ihrer wichtigsten Weggefährten in den letzten Jahren ihrer Karriere. Jorge Fernando begann als Gitarrist in ihrem Ensemble und wurde in den 80er Jahren Produzent ihrer Alben. Fernando ist es das Zustandekommen der überfälligen Compilation "A tribute to Amália Rodrigues" zu verdanken, die jetzt bei "World Connection" veröffentlicht wurde. Darauf finden sich 17 portugiesische und internationale Interpreten zu einer würdigen Hommage an Amália Rodrigues zusammen.

Selbst wenn man dabei - bis auf Cristina Branco - auf die bereits genannten, international bekannten Fado-Interpretinnen verzichten muss, so ist dieses "Tribute"-Album doch weit mehr als nur ein Album mit Cover-Versionen der größten "Rodriguinhos", wie der besondere Stil der Rodrigues genannt wurde. Vielmehr finden sich die teilnehmenden Künstler zu einer Würdigung in ihrer jeweiligen Sprache zusammen.

Die Lissabonner Zigeunerband "Ciganos D'ouro" verwandeln "Ai maria" in eine Flamenco-inspirierte, von Tablas und Gitarre getragene Ballade. Dany Silva dagegen interpretiert "Morrinha" als kapverdianische Morna, und Cellist Davide Zaccaria untermalt den unter die Haut gehenden Gesang seiner Ehefrau Maria Anadon mit elegischen Streicherchören. Die Vielseitigkeit der Beiträge wäre zweifelsohne im Sinne der Meisterin selbst gewesen. Die Teilnehmer zeigen in ihren Variationen des Themas Fado dessen ungebrochene Vitalität - und auch das ist natürlich wiederum ein Verdienst von Amália Rodrigues.

"Tribute to Amália Rodrigues":
World Connection 43046

© Michael Frost, 02.12.2004

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