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Nicht nur für Norweger


Da stehen sie mit ihren Pelzkragen und lächeln freundlich-harmlos in die Kamera, als ginge es um lediglich um einen Schnappschuss aus den letzten Ferien im Schnee. Doch Christian Watkins und Hilde Drange haben es in sich: Ihr Debüt-Album mit dem originellen Titel "Hi-Fi Sounds for young norwegians" ist ohne jeden Zweifel eine der überzeugendsten Neuerscheinungen dieses Frühjahres.

Drange und Watkins arbeiten bereits seit vier Jahren zusammen. Sie probierten und verwarfen die Zusammenarbeit mit weiteren Bandmitgliedern, blieben schließlich als Duo bestehen und teilen sich seither die Arbeit: Sie komponieren die Lieder gemeinsam, Christian arrangiert Samples und Computersounds, Hilde schreibt die Texte.

Aber längst nicht jeder Ton ist computergeneriert - und hierin liegt genau der Reiz: Im Opener "Porn" erklingt eine Cool-Jazz-inspirierte Trompete, während "Would you" mit einem schrägen String-Intermezzo aufwartet, das ein wenig an Björks Album "Homogenic" erinnert. Überhaupt erscheinen Slowpho's Hi-Fi-Sounds als Reise zwischen den bizarren Soundlandschaften der Isländerin und Bristol, der Stadt von Portishead, Goldfrapp und Massive Attack: Nujazz, Triphop, Drum'n'Bass, Elektronika, Hiphop, all diese abseits des Gitarren-Rock angesiedelten Stilrichtungen finden sich auch bei Slowpho - aber nicht als schlichte Kopie, sondern in neuer Zusammensetzung und weiterentwickelt.

Bei der Erkundung ihrer klanglichen Möglichkeiten gehen Slowpho mehrdimensional vor und muten ihrem Publikum einiges an schrägen und aufwühlenden Harmonien zu. Sie integrieren sowohl den typischen Cinemascope-Sound des Triphop mit pompösen Streicher-Sequenzen als auch dissonante und minimalistische elektronische Beats, deren Muster auch nach mehrmaligem Hören nur schwer zu durchdringen sind.

So bewahrt sich der Sound von Slowpho seine irritierende Unberechenbarkeit. Zusammengehalten wird der atmosphärische Spannungsbogen von Hilde Drange, deren Stimme weniger schrill klingt als Björk, weniger klagend als Beth Gibbons, aber ebenso souverän und eindringlich, und sie bildet einen warmen Kontrapunkt zu den manchmal schneidend kalten Samples von Christian Watkins.

"Hi-Fi sounds for young norwegians" ist ein neuerlicher Beweis für die erstaunliche Kreativität der jungen Musikszene Norwegens, die längst nicht mehr als rand- oder gar rückständig bezeichnet werden kann, sondern in vielerlei Hinsicht selbst als Impulsgeber fungiert. Vielleicht spricht man schon bald nicht mehr von Bristol und London, sondern von Bergen, Kristiansand und Oslo ...

Michael Frost, 20. Mai 2002

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