Schräg
- schräger -
Under Byen
Den
Auftakt bildet ein Instrumental-Duett des glänzend aufgelegten
Nils Grøndahl an der singenden Säge und Keyboarder Thorbjørn
Kroghede. Schräg, schräger, Under Byen - Nerven zerreißend
klingt, was Grøndahl seiner Säge abverlangt: als ginge es
geradewegs abwärts, direkt unter die Stadt. Ebene Minus Eins, willkommen
im Feenland - und am Empfang wartet bereits Henriette Sennenvaldt, Kopf
und Stimme von Under Byen, in hohen Stiefeln und einem strengen Kleid,
das Kittel sein könnte, oder Pionieruniform. Die Haare hochgesteckt,
die Augen geschlossen, die Hände den Mikrofonständer fest
umschlossen; sie ist die Sirene dieser Zwischenwelt mit ihren mysteriösen
Klängen und seltsamen Gedichten.
Auch
die Rollenverteilung innerhalb der Band folgt nicht den Regeln der realen
Welt. Nach dem Opener von Kroghede und Grøndahl übernehmen
nämlich die Frauen die Regie, und das ausgerechnet in den Disziplinen,
die in der Rockmusik fast ausnahmslos Männern vorbehalten sind:
Gesang, Bass, Schlagzeug.
Dänemarks
derzeit spannendste Band
Henriette
Sennenvaldt, ganz in sich versunken, ist der Mittelpunkt der Gruppe,
alle Blicke haften an ihr. Mit ihrer selbstvergessenen Aura bildet sie
die direkte Entsprechung zur Musik - Dänemarks Antwort auf Björk.
Doch direkt neben ihr steht Sara Saxild, mit ihrem Bass der ruhende
Pol des Abends, die gewissermaßen das Fundament der verwunschenen
Traumwelt Under Byens baut.
Stine Sørensen dagegen wirkt zunächst fast zierlich hinter
ihrem mächtigen Schlagzeug. Man sollte sie jedoch nicht unterschätzen:
Mit konzentrierter Entschlossenheit bestimmt sie, übrigens gemeinsam
mit dem zweiten Schlagzeuger Morten Larsen, den Rhythmus in Under Byens
Unterwelt.
In
ihrer aktuellen Besetzung mit Gesang, Geige, Cello, Keyboards, Bass,
zwei Schlagzeugen und Allzweckwaffe Anders Stochholm (Percussion, Akkordeon,
E-Gitarre) sollte man meinen, dass Under Byen eine laute Band wären.
Dennoch wirkt ihr Sound über weite Strecken geradezu minimalistisch
und verhalten, leise und hypnotisierend. Dem traumwandlerischen Gesang
Henriette Sennenvaldts ordnen sich sämtliche Instrumente unter.
Allerdings, und dann zeigt sich die ganze Kunstfertigkeit der Gruppe
und ihrer Arrangements, erheben sich die sphärischen Kompositionen
gelegentlich zu dramatischen Wellen, und wie auf hoher See gerät
man unversehens in gewaltige Stürme, die sich in machtvollem Schlagzeug-Donner
entladen. Dann bekommt das Drum-Doppel Sørensen/Larsen nochmals
Verstärkung, wenn sich Anders Stochholm als Dritter im Bunde dazu
gesellt, um wie wild auf ausgemusterte Ölfässer einzudreschen,
Grøndahl und Cellist Morten Svenstrup die Bögen über
die Saiten jagen, Saxilds Bass den Herzschlag der Zuhörer dirigiert
und sich der Flüstergesang Sennenvaldts in eruptive Schreie verwandelt.